Special Award Leistungssport

Kein definitiver Abschied, sondern ein Rollenwechsel für Karin Suter-Erath

von Fabio Baranzini – 28. Februar 2022

Die Aargauer Para-Badmintonspielerin Karin Suter-Erath in Aktion

Bild: zur Verfügung gestellt

Nach über 30 Jahren Leistungssport in drei verschiedenen Sportarten beendet Karin Suter-Erath (51) ihre Aktivkarriere. Für ihre Leistungen wird sie mit dem Special Award Leistungssport des Kantons Aargau ausgezeichnet.  

Karin Suter-Erath beendet ihre aussergewöhnliche Karriere mit einem weiteren Höhepunkt: mit den Paralympischen Spielen in Tokio. Für die 51-jährige Para-Badmintonspielerin aus Wettingen war es die dritte Teilnahme an den Spielen, nachdem sie bereits 2004 und 2008 dabei war – damals allerdings noch als Rollstuhl-Tennisspielerin. Und jetzt – nach über 30 Jahren Leistungssport – ist also Schluss. Die Spiele in Tokio, wo sie Rang vier im Doppel erreichte und sich im Einzel als beste Europäerin auf Rang fünf klassierte, waren der letzte grosse Wettkampf ihrer Karriere. 

«Ich habe in der Badmintonhalle noch nie so viele Fotografen und Journalisten gesehen.»

Karin Suter-Erath, Para-Badmintonspielerin

«Tokio war ein Riesenerlebnis für mich. Die Organisation war perfekt, die Wettkampfanlage unglaublich schön und der Badmintonsport hat in Japan einen enorm hohen Stellenwert. Mein Einzel-Viertelfinal gegen die spätere Siegerin aus Japan wurde live im TV übertragen und ich habe in der Badmintonhalle noch nie so viele Fotografen und Journalisten gesehen. Ich habe das Spiel zwar verloren, aber es war ein einmaliges Erlebnis», erzählt Karin Suter-Erath. Und auch wenn es nicht für eine Medaille gereicht hat, waren die Spiele in Tokio ein würdiger Schlusspunkt. «Im Einzel und im Doppel konnte ich eine Topleistung zeigen. Entsprechend bin ich auch ohne Medaille hochzufrieden. Auf diese Weise quasi auf dem Höhepunkt aufzuhören, fühlt sich richtig an.» 

Reinhören in den Podcast mit Karin Suter-Erath

 

Als Handballerin im Nationalteam gespielt 

Der Leistungssport zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von Karin Suter-Erath. Angefangen hat alles mit dem Handballsport, wo sie in Basel, Madrid und Luzern aktiv war. Sie ist auch für die U20-Auswahl und die A-Nationalmannschaft aufgelaufen. Dann kam es 1997 zum Unfall, bei dem Karin Suter-Erath eine Querschnittlähmung erlitt und der ihre Handballkarriere beendete.  

Noch während der Rehabilitationsphase im Paraplegiker Zentrum in Nottwil begann Karin Suter Erath, Tennis zu spielen. «Ich habe schon früher gerne Rückschlagsportarten gespielt», erzählt sie. «Als ich dann ein Jahr nach der Reha meinen Mann Thomas kennenlernte, der ebenfalls als Rollstuhl-Tennisspieler aktiv ist, entschied ich mich definitiv fürs Tennis.» 

Die Aargauer Para-Badmintonspielerin Karin Suter-Erath in Aktion

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Olympia-Bronze gewonnen 

Ein guter Entscheid, denn in den darauffolgenden Jahren entwickelte sich Karin Suter-Erath zu einer der besten Rollstuhl-Tennisspielerinnen der Welt. Sie erreichte Rang sechs in der Weltrangliste, spielte Grand Slam Turniere und vertrat die Schweiz 2004 an den Paralympischen Spielen in Athen und vier Jahre später in Peking. In Athen gewann sie mit Sandra Kalt die Bronzemedaille im Doppel. «Die Grand Slam Teilnahmen und die Olympiamedaille waren ganz besondere Highlights», blickt Karin Suter-Erath auf ihre Tenniskarriere zurück, die sie 2008 beendete.  

Nicht zuletzt deshalb, weil der Aufwand sehr gross war, um Tennis und Beruf unter einen Hut zu bringen. Suter-Erath arbeitete 60 Prozent und setzte alle ihre Ferien für den Tennissport ein. «Es kam vor, dass ich morgens um sechs von einem Turnier im Ausland nach Hause gekommen bin und am selben Morgen ins Büro musste, weil ich keine Ferientage mehr hatte.» 

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Als Halbprofi auf Olympia hingearbeitet 

Und trotzdem: Die Leidenschaft für den Sport war bei Karin Suter-Erath auch nach ihrem Rücktritt 2008 ungebrochen. Und so kam es, dass sie 2010 ein Comeback wagte. Aber nicht im Tennis, sondern im Badminton. Der Aargauer Para-Badmintonspieler Walti Rauber fragte Karin Suter-Erath an, ob sie mit ihm an den Heim-Europameisterschaften 2010 im Mixed spielen würde. Karin Suter-Erath sagte zu und der Startschuss zur dritten Sportkarriere war gefallen.  

Als 2013 die Idee aufkam, dass Para-Badminton olympisch werden sollte, war Karin Suter-Eraths Ehrgeiz wieder richtig geweckt. Sie reduzierte ihr Arbeitspensum auf 30 Prozent und begann, als Halbprofi zu trainieren. Rund zehn Trainingseinheiten pro Woche standen auf ihrem Programm. Dies mit dem Ziel, 2016 an den Paralympischen Spielen in Rio de Janeiro anzutreten. Doch dazu kam es nicht. Badminton wurde kurzfristig aus dem Programm genommen und erst für Tokio 2020 aufgenommen. Karin Suter-Erath entschied sich, trotz des Rückschlags weiterzumachen und letztlich fünf weitere Jahre an ihre Sportkarriere anzuhängen.  

Die Aargauer Para-Badmintonspielerin Karin Suter-Erath in Aktion

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Von der Spielerin zur Trainerin 

Ein Aufwand, der sich gelohnt hat. Karin Suter-Erath hat insgesamt zwei Weltmeistertitel, neun Europameistertitel und 19 Schweizer Meistertitel gewonnen. Zudem wurde sie vom Badminton-Weltverband 2016 als Para-Badmintonspielerin des Jahres ausgezeichnet. Zwei Jahre zuvor hatte sie dieselbe Auszeichnung bereits von Badminton Europe erhalten. Angesichts dieser langen Erfolgsliste ist der Gewinn des Special Award Leistungssport des Kantons Aargau hochverdient. «Ich war total überrascht, als ich von diesem Preis erfahren habe. Es ist eine riesengrosse Ehre für mich und eine tolle Wertschätzung für meine lange Karriere», freut sich Karin Suter-Erath.  

Auch wenn die Leistungssport-Laufbahn von Karin Suter-Erath nun definitiv zu Ende ist, wird der Sport weiterhin eine wichtige Rolle spielen in ihrem Leben. Denn ab sofort ist sie neben ihrem Job bei der Paraplegiker Vereinigung auch noch Co-Nationaltrainerin des Schweizer Rollstuhl-Badmintonteams. «Ich bin schon lange als Trainerin tätig und das gefällt mir extrem. Dass ich diese Arbeit noch intensiver machen kann, war ein grosses Ziel von mir», sagt Karin Suter-Erath. Und natürlich wird sie auch selbst weiterhin aktiv bleiben. «Ich habe wieder begonnen, Tennis zu spielen, und habe mich für einen Langlaufkurs angemeldet. Ich freue mich, dass ich jetzt wieder verschiedene Sportarten ausüben kann und auch wieder mehr Zeit für meine Freunde, meine Hobbys und Ferien habe.» 

Hinweis

Für den Special Award Leistungssport waren neben Karin Suter-Erath auch Ex-FC Aarau Präsident Alfred Schmid, der ehemalige Kunstturner Oliver Hegi und der frühere Spitzenschwimmer Yannick Käser nominiert. Weitere Infos zum diesjährigen Special Award Leistungssport gibt es hier