Im Fokus

Katrin Müllers Durchhaltewille wird belohnt

von Fabio Baranzini – 24. August 2022

Orientierungsläuferin Katrin Müller in Aktion an der Studierenden WM in Biel

Bild: Rolf Gemperle

In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir Sportlerinnen und Sportler aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt haben. Diesmal ist es Orientierungsläuferin Katrin Müller, die nach einer schwierigen Phase in ihrer Karriere an der Studierenden WM in Biel drei Medaillen gewonnen hat.

Eigentlich hätten die Europameisterschaften der Elite in Estland Anfang August das erste grosse Highlight des Jahres von Katrin Müller werden sollen. Doch die 25-Jährige aus Beinwil am See hatte Pech. Obwohl ihre Form stimmte und sie sich optimal auf ihre ersten europäischen Titelkämpfe bei der Elite vorbereitet hatte, blieb ein Topresultat aus. Dies weil Katrin Müller einen Magendarmvirus einfing. «Das war natürlich ärgerlich, aber immerhin konnte ich im abschliessenden Staffelrennen eine gute Leistung zeigen. Ich wusste also, dass meine Form stimmt», so Müller.

«Ich bin sehr schnell in den Flow gekommen und es lief fast alles automatisch.»

Katrin Müller, Studierenden Weltmeisterin über die Langdistanz im Orientierungslauf

Riesiger Vorsprung

Diese Bestätigung war wichtig im Hinblick auf die Studierenden Weltmeisterschaft in Biel, das zweite grosse Saisonhighlight von Katrin Müller, die aktuell die letzten Monate ihres Masterstudiums in Food Science an der ETH Zürich absolviert. Ihr Ziel für die Studierenden WM: ein Diplom. Dieses Ziel erreichte Katrin Müller bereits im ersten Wettkampf über die Sprintdistanz – eigentlich ihre schwächste Disziplin –, wo sie als Vierte ins Ziel kam. Doch das war erst der Anfang.

Orientierungsläuferin Katrin Müller in Aktion an der Studierenden WM in Biel

Bild: Rolf Gemperle

Über die Langdistanz zeigte Katrin Müller eine beeindruckende Leistung. Mit einem riesigen Vorsprung von fast vier Minuten deklassierte sie ihre Konkurrentinnen und gewann die Goldmedaille. «Ich bin sehr schnell in den Flow gekommen und es lief fast alles automatisch. Dass es dann aber tatsächlich zu Gold reicht mit einem so grossen Vorsprung hätte ich nicht gedacht.»

Zwei Mal Silber zum Abschluss

Die starke Woche von Katrin Müller ging weiter mit der Silbermedaille über die Mitteldistanz. Bloss drei Sekunden fehlten zum zweiten WM-Gold. Und das, obwohl ihr bei weitem kein fehlerfreier Lauf gelang. «Der Kurs war technisch sehr anspruchsvoll und man musste extrem präzise laufen. Dass ich auf diesem Kurs Silber gewinnen konnte, war eine schöne Bestätigung für mich.» Als krönenden Abschluss gabs dann sogar noch eine weitere Silbermedaille – diesmal in der Staffel.

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Die Woche in Biel mit den drei Medaillen und dem vierten Rang bezeichnet Katrin Müller als den grössten Erfolg ihrer Karriere. «Diese WM-Resultate bedeuten mir mega viel. Ich weiss jetzt, dass ich in meiner Altersklasse mit der absoluten Weltspitze mithalten kann», sagt Müller. Diese Gewissheit ist für Katrin Müller äusserst wertvoll, denn die letzten Jahre waren für sie nicht einfach.

Aus dem Kader gefallen

Nachdem sie sich im Alter von 18 Jahren entschied, voll auf die Karte Orientierungslauf zu setzen – zuvor tanzte sie neben dem Orientierungslauf, spielte intensiv Klavier und war auch in der Pfadi aktiv–, fand sie schnell Aufnahme im Regionalkader, lief ihre ersten internationalen Rennen und wurde fürs B-Kader der Elite selektioniert. Dort aber kam der Aufstieg ins Stocken. Ein Ermüdungsbruch im Fuss bremste sie aus. Die Resultate fielen in der Folge nicht wie gewünscht aus. «Es war ein ziemliches Auf und Ab», sagt Müller.

Orientierungsläuferin Katrin Müller in Aktion an der Studierenden WM in Biel

Bild: Rolf Gemperle

Ende des Jahres 2020 dann der vorläufige Tiefpunkt. Katrin Müller wurde von Swiss Orienteering nicht mehr berücksichtigt bei der Kader Selektion. Sie wurde aus dem B-Kader gestrichen. «Der Sprung von den Juniorinnen zur Elite ist ohnehin schon gross. Und wenn dann noch eine Verletzung hinzukommt und man sich selbst zu viel Druck macht, weil die Resultate ausbleiben, kann das nicht gut gehen. Genau das ist bei mir passiert», blickt Müller zurück.

Neustart macht sich bezahlt

Aufgeben kam für Katrin Müller aber nicht in Frage. Sie wagte im letzten Jahr einen Neustart mit neuen Trainern und lief im sogenannten Anschlusskader mit. Dank guten Leistungen erkämpfte sie sich auch ohne Nationalkader einen Startplatz im Weltcup und konnte zum Abschluss der letzten Saison mit einem 22. Rang über die Mitteldistanz in Italien überzeugen. Der Durchhaltewille der letzten Jahre hat sich damit bezahlt gemacht. Denn zum Ende der letzten Saison wurde Katrin Müller von Swiss Orienteering wieder ins B-Kader der Elite zurückgeholt. Diese Selektion hat Katrin Müller spätestens mit ihren starken Auftritten an der Studierenden WM mehr als gerechtfertigt.

Orientierungsläuferin Katrin Müller in Aktion an der Studierenden WM in Biel

Bild: Rolf Gemperle

In dieser Saison steht nun mit den Weltcups in Davos ein weiterer Höhepunkt an. «Ich möchte dort einen Platz in den Top 20 herauslaufen», sagt Müller, die auch nach ihrem Studium auf den OL-Sport setzen will. Sie sucht daher fürs kommende Jahr eine Stelle in einem Pensum von 50 bis 60 Prozent, damit sie weiterhin Orientierungslauf auch höchstem Niveau betreiben kann. Dies mit dem Ziel, 2025 an der WM in Finnland mitzulaufen. Und wer weiss, vielleicht klappts ja bereits im nächsten Jahr mit einer WM-Teilnahme. Das wäre dann ein besonderes Highlight, denn die WM findet in der Schweiz statt. «Wenn das klappen würde, wäre es natürlich genial. Ich gebe alles dafür und dann schauen wir, ob es reicht», sagt Müller.  

Hinweis

In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir einmal im Monat einen Sportler oder eine Sportlerin aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt hat. Alle bisherigen Portraits findest du hier.