Im Fokus
«Sollte ich nicht dabei sein, bin ich der grösste Fan»
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In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir Sportlerinnen und Sportler aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt haben. Diesmal ist es Fussballerin Fabienne Humm, die das entscheidende Tor zur WM-Qualifikation der Schweizerinnen erzielte, mit den FC Zürich Frauen in der Champions League spielt und aktuell die Torschützenliste in der Schweiz anführt.
WM-Playoffs Schweiz gegen Wales. Es läuft die letzte Minute der Verlängerung. Der Ball kommt in den Strafraum. Fabienne Humm steht genau dort, wo eine Stürmerin stehen muss. Sie lenkt den Ball mit dem rechten Aussenrist gekonnt ab. Der Ball zappelt im Netz. 2:1. Die Schweiz fährt an die WM. Erst zum zweiten Mal in der Geschichte des Schweizer Frauenfussballs.
«Das Interesse an meiner Person war riesig. Das habe ich in dem Ausmass noch nie erlebt.»
Das, was Fabienne Humm in den Stunden und Tagen nach ihrem entscheidenden Tor, das sie als wichtigstes ihrer 25 Länderspieltore bezeichnet, erlebt, ist aussergewöhnlich. «Das Interesse an meiner Person war riesig. Leute haben mich im Büro angerufen und mir Mails geschickt. Ich bekam mega viele Medienanfragen. Ich gab Interviews am Arbeitsplatz und im Training. Das habe ich in dem Ausmass noch nie erlebt», beschreibt Humm.
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Frauenfussball hat einen grossen Schritt gemacht
Das grosse Interesse ist für die Stürmerin aus Birr, die ihre Karriere einst beim FC Windisch lanciert hatte, auf die gestiegene Popularität des Frauenfussballs in der Schweiz zurückzuführen. «Ich habe schon viele wichtige Tore geschossen. Beispielsweise auch den Hattrick an der WM 2015. Aber jetzt war das Interesse viel grösser. Das zeigt mir, dass der Frauenfussball in der Schweiz auf dem richtigen Weg ist. Die Medien berichten über uns und auch im Stadion waren viel mehr Leute. Es ist schon extrem, welchen Schritt der Frauenfussball in der Schweiz gemacht hat», sagt Fabienne Humm.
Wenn das jemand beurteilen kann, dann Fabienne Humm. Die 35-Jährige spielt seit 2009 ununterbrochen bei den FC Zürich Frauen in der höchsten Schweizer Spielklasse, hat in dieser Zeit neun Meistertitel und sieben Cuptitel gewonnen und wurde vier Mal Torschützenkönigin. Und das notabene alles als Amateur-Sportlerin. Im Vergleich zu praktisch all ihren Teamkolleginnen in der Nationalmannschaft hat sie den Schritt als Profi ins Ausland nie gewagt. Bewusst. Angebote gab es genug. Fabienne Humm wollte aber neben dem Fussball arbeiten. Als Ausgleich. Nächstes Jahr feiert sie das 20-jährige Firmenjubiläum in dem Betrieb, in dem sie einst ihre Lehre absolviert hatte.
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Hoffen auf die zweite WM-Teilnahme
Mit ihrem Werdegang als «Nicht-Profi» ist Fabienne Humm mittlerweile eine Exotin im Schweizer Frauenfussball – zumindest im Kreis der Nationalmannschaft. Und genau das macht ihr entscheidendes Tor gegen Wales noch etwas spezieller. «Ich bin sehr stolz auf diesen Treffer. Ich konnte damit zeigen, dass man auch ‘nur’ in der Schweiz spielen und trotzdem viel erreichen kann. Ich wäre aber genauso stolz auf unser Team und unsere WM-Qualifikation, wenn jemand anderes das 2:1 geschossen hätte.»
Im nächsten Sommer reisen die Schweizerinnen also zum zweiten Mal an eine Weltmeisterschaft. Die Auslosung meinte es gut mit den Eidgenossinnen. Sie treffen auf Norwegen, die Gastgeberinnen aus Neuseeland und die Equipe aus den Philippinen. «In dieser Gruppe ist das Weiterkommen ganz klar unser Ziel», sagt Fabienne Humm. Ob sie in Neuseeland mit dabei sein wird, weiss Fabienne Humm derzeit noch nicht. «Einerseits steht ein Trainerwechsel bevor und andererseits bin ich auch nicht mehr die Jüngste», meint sie. Ihr Ehrgeiz ist aber noch immer gross. «Auch wenn mein Vertrag beim FC Zürich aktuell nur noch bis zum Ende der Saison läuft, werde ich so trainieren, als ob ich in Neuseeland mit dabei sein werde. Sollte ich nicht dabei sein, bin ich der grösste Fan der Schweizer Frauen Nati.»
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9 Tore in sechs Spielen
Aktuell ist die Form von Fabienne Humm jedoch derart gut, dass sie für das Nationalteam sicherlich ein Thema sein wird. In der laufenden Meisterschaft hat sie in sechs Spielen bereits neun Tore erzielt. «Es läuft richtig gut. Als Stürmerin versuche ich natürlich, so viele Tore wie möglich zu schiessen. Daran werde ich ja schliesslich gemessen», sagt Fabienne Humm, die mit dem FC Zürich aktuell zum ersten Mal in der Gruppenphase der Champions League steht.
Dort bekommen es die Zürcherinnen, die als einzige Amateur-Equipe so weit gekommen sind, mit den Titelverteidigerinnen aus Lyon, den italienischen Meisterinnen von Juventus Turin und dem englischen Spitzenteam von Arsenal zu tun. Eine Hammergruppe. «Wir wollen dem einen oder anderen Team ein Bein stellen und die Chance nutzen, uns weiterzuentwickeln dank Spielen auf diesem hohen Niveau», so Humm. Punkte gabs im ersten Spiel noch keine. Gegen Juve schlugen sich die Züricherinnen aber beachtlich. Erst zwei Tore in den letzten 20 Minuten führten letztlich zur 0:2-Niederlage. Am Donnerstag steht das nächste Spiel gegen Arsenal an. Ein weiteres Highlight für Fabienne Humm in diesem turbulenten Oktober.
Hinweis
In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir einmal im Monat einen Sportler oder eine Sportlerin aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt hat. Alle bisherigen Portraits findest du hier.