Sport-Gala
«Die Weltnummer eins ist das Schoggistängli zur Belohnung»
Bild: Boris Radjenovic
Elena Quirici (24) aus Schinznach-Dorf ist letztes Jahr im Karate Doppel-Europameisterin geworden und kürte sich wenig später zur Weltnummer eins. Jetzt ist sie nominiert für die Wahl zur «Aargauer Sportlerin des Jahres»
Elena, du bist seit Dezember in Magglingen und absolvierst dort bis Mitte März den zweiten Teil der Spitzensport-RS. Weshalb hast du dich für diesen Weg entschieden?
In einer Randsportart wie Karate kann man unmöglich vom Sport leben. Auch nicht, wenn man zur Weltspitze gehört. Deshalb habe ich in den letzten Jahren neben den bis zu 30 Stunden Training pro Woche immer rund 50 Prozent gearbeitet. Seit letztem Jahr hat man jetzt aber auch als Karateka die Möglichkeit, die Spitzensport-RS zu absolvieren. Diese Chance habe ich genutzt.
Was hat sich dadurch verändert?
Ich kann mich jetzt ausschliesslich auf das Training konzentrieren. Früher musste ich immer schon während den Trainings wieder daran denken, was ich nachher bei der Arbeit machen muss. Und wenn ich aus dem Ausland nach Hause gekommen bin, musste ich immer zuerst alles aufarbeiten, was im Job liegengeblieben ist. Jetzt kann ich mich nach dem Training hinlegen oder ein heisses Bad nehmen, statt zur Arbeit zu gehen. Ich kann mich ausschliesslich auf den Sport konzentrieren. Das ist absolut genial. Ich bin voller Energie, obwohl ich teilweise vier harte Trainingseinheiten pro Tag absolviere.
Im letzten Jahr bist du Doppel-Europameisterin geworden und zugleich noch die Weltnummer eins in deiner Gewichtsklasse bis 68kg. Welcher Erfolg bedeutet dir mehr?
Für mich waren die beiden EM-Titel sehr speziell. Ich musste mich im Februar am Fuss operieren lassen und wusste nicht, ob es mir an die EM reicht. Erst drei Wochen vor der EM war mein Aufbau abgeschlossen und ich konnte wieder mit dem Karate-Training beginnen. Aus einer Verletzung so zurückzukommen und gleich zwei Mal EM-Gold zu gewinnen, was noch keine Schweizerin vorher geschafft hat, war ein besonderer Erfolg für mich.
Wie war das möglich, mit so wenig Training an der EM gleich doppelt zuzuschlagen?
Die Verletzung hat mich stärker gemacht. Vor allem im mentalen Bereich. Ich habe im Kopf sehr viele Kämpfe visualisiert und auch sonst extrem viel im mentalen Bereich gearbeitet. Obwohl ich körperlich nicht viel trainiert hatte, fühlte ich mich unbesiegbar. Mit diesem Gefühl bin ich an die EM gereist.
«Obwohl ich körperlich nicht viel trainiert hatte, fühlte ich mich unbesiegbar. Mit diesem Gefühl bin ich an die EM gereist.»
Und dann bist du wenig später auch noch die Weltnummer 1 geworden. Wie fühlt sich das an, wenn man weiss, man ist in seiner Sportart die Beste auf der ganzen Welt?
Das ist ein mega, mega schönes Gefühl. Es ist die Bestätigung für die jahrelange Arbeit. Ich habe jeden Tag hart dafür trainiert, besser zu sein als die anderen. Das habe ich jetzt geschafft. Die Weltnummer eins ist jetzt quasi das Schoggistängli zur Belohnung. (lacht)
Dein nächstes grosses Ziel sind die Olympischen Spiele in Tokio. Obwohl du die Weltnummer 1 bist, ist es alles andere als sicher, dass du dich qualifizieren wirst. Wie kommt das?
Ja, die Qualifikation ist in der Tat härter als die Olympischen Spiele selber. Das liegt daran, dass nur 10 Kämpferinnen teilnehmen können und erst noch zwei Kategorien – bis 68kg und plus 68kg – zusammengelegt werden. Ich versuche daher, nicht zu fest an diese schwierige Qualifikation zu denken, sondern einfach Wettkampf für Wettkampf zu nehmen.
Du bist in diesem Jahr zum zweiten Mal für die Wahl zur Aargauer Sportlerin des Jahres nominiert. Was bedeutet dir das?
Es ist für mich extrem schön zu sehen, dass der Aargau mich wahrnimmt. Das ist für mich eine Zusatzmotivation. Ich will den Aargau noch stolzer machen. Und natürlich ist die Nomination auch sehr wichtig für unsere Sportart, damit sie noch etwas bekannter wird.