Im Fokus
Elena Quiricis Risiko hat sich ausbezahlt
Bild: Gökhan Taner
In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir Sportlerinnen und Sportler aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt haben. Diesmal ist es Karateka Elena Quirici, die an den Europameisterschaften ihren vierten EM-Titel gewinnen konnte.
Fünf Jahre ist es her, seit Elena Quirici ihren letzten grossen Titel gewonnen hat. 2018 ist sie Europameisterin geworden, ein Jahr später hat sie ihre letzte Medaille an internationalen Titelkämpfen geholt. Dazwischen feierte sie an Weltcups immer wieder grosse Siege, aber auf der ganz grossen Bühne wollte es nicht mehr klappen. Entsprechend gross war die Erleichterung bei Elena Quirici nach ihrem vierten EM-Titel in der Kategorie Kumite -68kg vom letzten Samstag. «Ich war vor dem Turnier sehr gut in Form und bin mit dem Ziel ‘EM-Gold’ angereist», so Quirici. «Dass es dann auch wirklich geklappt hat, ist wunderschön.»
«Dieser Titel hat einen ganz besonderen Stellenwert für mich.»
Der Weg zum Titel war für die 29-Jährige alles andere als einfach. Sie hat auf dem Weg in den Final die WM-Dritte und die Vize-Weltmeisterin geschlagen. Und im Final wartete dann in der Person von Iryna Zaretska aus Aserbaidschan die aktuell wohl grösstmögliche Hürde. Zaretska ist die Weltnummer eins, Doppelweltmeisterin und Vize-Olympiasiegerin. In einem taktisch geführten Kampf war Quirici die aktivere Kämpferin und hat sich so den EM-Titel geholt. «Dieser Titel hat einen ganz besonderen Stellenwert für mich. Ich konnte damit einerseits bestätigen, dass ich immer noch zur absoluten Weltspitze gehöre, und andererseits beweisen, dass meine Entscheidungen in jüngster Vergangenheit richtig waren, auch wenn das nicht immer alle verstanden haben. Das ist eine grosse Genugtuung.»
Bild: Gökhan Taner
Die Aargauer Sport-Highlights in deiner Mailbox
Einmal im Monat stellen wir für dich die Highlights aus der Aargauer Sportszene zusammen. So landen die besten Geschichten und die grössten Erfolge direkt in deinem E-Mail-Postfach.
Grundsatzentscheid nach Olympia
Eigentlich muss Elena Quirici niemandem mehr etwas beweisen. Seit Jahren gehört sie zur absoluten Weltspitze, hat EM-Titel und WM-Medaillen gewonnen und an den Olympischen Spielen in Tokio Rang fünf geholt. Im Weltcup hat sie etliche Siege errungen und war zwischenzeitlich die Nummer eins der Weltrangliste. Quirici ist unbestritten die beste Karatekämpferin, die die Schweiz je hatte.
Nach den Olympischen Spielen in Tokio, wo sie die angestrebte Medaille knapp verpasst hatte, stand sie vor einer Grundsatz-Entscheidung: Aufhören oder Weitermachen? In der Anfangsphase tendierte sie zum Rücktritt. «In dieser Phase überwog das Negative. Die Freude am Karate war nicht mehr da», sagt Quirici. Doch Schritt für Schritt kehrte die Freude zurück. Das hat sie zu grossen Teilen ihrem Freund Raul Cuerva Mora zu verdanken. Denn er – einst selbst erfolgreicher Karatekämpfer – hat Elena Quirici nicht nur im privaten Bereich unterstützt, sondern auch in allen sportlichen Belangen.
Bild: Gökhan Taner
Neustart mit eigenem Team
Und so entschied sich Elena Quirici für einen Neustart. Sie beendete die Zusammenarbeit mit ihrem Trainer David Baumann, der sie seit ihrem vierten Lebensjahr betreut hatte. «David hat hervorragende Arbeit geleistet und mich an die Weltspitze gebracht. Ich wollte aber für diesen neuen Abschnitt meiner Karriere eine Veränderung. Einfach gleich weiterzumachen, wäre für mich ein Rückschritt gewesen. Ich wollte noch professioneller trainieren und an allen Wettkämpfen einen Trainer an meiner Seite haben, der mich technisch, taktisch und auch mental unterstützen kann», sagt Quirici.
Um dieses Ziel zu erreichen, hat Elena Quirici um sich herum ein eigenes Team aufgestellt mit ihrem Freund Raul Cuerva Mora als Trainer. Die beiden haben auch ihre eigene Karateschule gegründet. «Dort kann ich so trainieren, wie ich das möchte, ohne dass ich mich dafür rechtfertigen muss. In meiner Karateschule fühle ich mich einfach wohl», sagt Quirici.
Bild: Gökhan Taner
Eine besondere Genugtuung
Der Entscheid, auf ein eigenes Team und eine eigene Karateschule zu setzen, war mit Risiko verbunden. Denn es war ein Schritt, den man in der Szene kritisch zur Kenntnis genommen hat. Elena Quirici wurde an der EM jedenfalls vom nationalen Verband nicht für den Teamwettkampf selektioniert. Diese Nicht-Selektion betraf auch die Aargauerin Maya Schärer, die ebenso zum Verein von Elena Quirici gehört und mit ihr trainiert.
«Ich hätte sehr gerne den Teamwettkampf bestritten und hätte es aufgrund meiner Qualitäten auch verdient, selektioniert zu werden. Dass der Verband trotzdem anders entschieden hat, ist für mich eine persönliche Enttäuschung. Da fehlt mir die Wertschätzung für meine Leistungen in der Vergangenheit», sagt Quirici. Angesichts dessen ist der Triumph an den Europameisterschaften für Quirici wohl eine besondere Genugtuung.
Hinweis
In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir einmal im Monat einen Sportler oder eine Sportlerin aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt hat. Alle bisherigen Portraits findest du hier.