Mein Weg nach Paris

«Ich stehe aktuell auf Rang zwei der Wartelisten»

von Fabio Baranzini – 10. Mai 2024

Der Aargauer Badmintonspieler Tobias Künzi in Aktion

Bild: Uwe Zinke

In unserer neuen Serie «Mein Weg nach Paris» erzählen wir die Geschichte von Aargauer Sportlerinnen und Sportlern, die sich für die Olympischen Spiele in Paris qualifizieren wollen. Einer von ihnen ist Badmintonspieler Tobias Künzi, der die Olympiaqualifikation Anfang Jahr eigentlich bereits abgeschrieben hatte, jetzt aber trotzdem wieder auf einen Startplatz hoffen darf.

«Vor fast genau einem Jahr – Anfang Mai 2023 – begann für mich die erste Olympia Qualifikationskampagne meiner Karriere. Ein Jahr lang würde ich unterwegs sein und möglichst viele gute Resultate sammeln. Die besten zehn Ergebnisse des Jahres fliessen dann in die Wertung ein. Welche Position ich im Olympiaranking zum Ende der Qualifikationskampagne belegen muss, war nicht ganz klar. Es gab Olympische Spiele, da reichte ein 92. Rang. In anderen Jahren musste es Position 65 sein. Klar ist einzig: Es gibt rund 40 Startplätze im Einzel und jede Nation hat einen Startplatz – ausser sie hat zwei Athleten in den Top 16 der Weltrangliste, dann dürfen zwei Athleten teilnehmen.

Als die Qualifikationskampagne für mich begann, stand ich in der Weltrangliste auf Rang 120. Ich wusste also, dass ich mich um etwa 40 Ränge verbessern muss, wenn ich in Paris dabei sein will. Gemeinsam mit meinem Trainer machten wir uns an die Turnierplanung. Unsere Strategie war einfach: Ich werde mehr Turniere bestreiten als sonst und ich werde an Orten spielen, wo die Teilnehmerfelder nicht ganz so stark sind, damit meine Chancen auf viele Ranglistenpunkte steigen. Beides hat zur Folge, dass ich mehr reisen muss. Insgesamt spielte ich in dieser Qualifikationskampagne 22 Turniere. Viele davon in Südamerika und Afrika. Die Turniere in Europa und vor allem in Asien sind zu stark besetzt.

Der Aargauer Badmintonspieler Tobias Künzi beim Sightseeing

Bild: zur Verfügung gestellt

Nach knapp einem halben Jahr war es an der Zeit für eine erste Zwischenbilanz. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt so stark verbessert, dass ich auf einem Olympiastartplatz lag. Allerdings hatte ich im Vergleich zur Konkurrenz auch schon mehr Turniere bestritten. Das merkte ich dann in der zweiten Hälfte der Qualifikation, wo ich zwar immer noch ordentliche Resultate erzielte, jedoch keine Exploits landen konnte. Meine Punktzahl blieb daher gleich. Meine Konkurrenten hingegen zogen an mir vorbei, weil sie jetzt alle auch ihre zehn Turniere in der Wertung hatten. Ich versuchte, mich wegen der Rangliste nicht verrückt machen zu lassen und schaute bewusst nicht zu oft drauf. Allerdings wurde von anderen immer wieder an mich herangetragen, wo ich gerade stehe. Mein Plan ging also nicht auf (lacht).

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Im Januar erlebte ich dann meinen Tiefpunkt. Weil ich wusste, dass ich nicht mehr auf einem Olympiaplatz lag, wollte ich es besonders gut machen. Aber das Gegenteil traf ein. Ich spielte einige richtig schlechte Turniere und fühlte mich auch so. Das war der Moment, wo ich für mich die Olympiateilnahme eigentlich abgeschrieben hatte. Es war zwar theoretisch noch möglich, aber angesichts meiner Leistungen nicht realistisch. Ich habe mich jedoch entschieden, die geplanten Turniere dennoch zu spielen – für mich und nicht für die Olympiaqualifikation. Das war ein guter Entscheid, denn mit weniger Druck lief es mir plötzlich wieder viel besser. In Uganda erreichte ich den Viertelfinal, an der EM den Achtelfinal und an den German und den Swiss Open zeigte ich richtig starke Matches. Einmal war ich sogar ganz nah an einem Satzgewinn gegen die Nummer 12 der Welt. Das war enorm wichtig für mein Selbstvertrauen.

Der Aargauer Badmintonspieler Tobias Künzi in Aktion

Bild: zur Verfügung gestellt

Als die Qualifikationskampagne Ende April zu Ende ging, stand ich auch Rang 88 der Olympiarangliste. Das reicht nicht für die Olympiaqualifikation. Ich stehe aktuell auf Rang zwei der Warteliste. Es könnte also sein, dass ich doch noch reinrutsche und in Paris dabei bin. Aktiv etwas dafür tun, kann ich aber nicht. Ich muss darauf warten, dass ein anderer Athlet absagt oder sich verletzt. Oder dass er von seinem Land nicht selektioniert wird, weil die Kriterien in diesem Land noch strenger sind als diejenigen des internationalen Badmintonverbandes. Oder dass ein Spieler sich zusätzlich zum Einzel auch noch im Mixed oder Doppel für die Spiele qualifiziert, weil dann wiederum ein Platz frei würde. Es ist also ziemlich kompliziert und mir bleibt nichts anderes übrig als zu warten. Wenn es doch noch klappen sollte, wäre das ein Riesenerfolg für mich. Es war immer mein Traum, einmal an den Olympischen Spielen dabei zu sein. Die Qualifikation wäre eine Bestätigung für mich und meine Arbeit in den letzten Jahren.»

Hinweis

Mehr spannende Einblicke von Aargauer Sportlerinnen und Sportlern, die an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen wollen, findest du in unserer Serie «Mein Weg nach Paris».