Freiwilligenarbeit

Ehrenamtliches Engagement: Ein Geben und ein Nehmen

von Lea Marti – 25. August 2020

Jennifer Flückiger bei einem Auftritt mit dem Turnverein Vordemwald

Bild: Thomas Ditzler

Vier junge Erwachsene erzählen, warum ihnen ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Sport nicht nur Arbeit, sondern auch ganz viel Freude bereitet und was sie das Ehrenamt fürs (Berufs-)Leben lehrt.

Ein Dienstagabend in der Sporthalle Hofmatten in Wohlen. Rufen und lautes Kinderlachen sind zu hören, Handbälle landen im Tor, es wird gejubelt und geklatscht. Mittendrin steht Luana Bonetti, 15 Jahre alt, und gibt Anweisungen an die jungen Handballerinnen und Handballer. Luana unterstützt die Hauptverantwortliche beim Trainingsbetrieb und bei der Wettkampfbegleitung der U7 und U9 des Handball Wohlen: «Eine Kollegin hat mich angefragt, ob ich nicht Lust hätte, zu helfen. Nach einem Schnuppertraining war klar: Da mach ich mit.» Luana absolvierte den Kurs «1418coach», bei dem 14- bis 18-Jährige zu Hilfsleiterinnen und -leitern ausgebildet werden, und ist seit nunmehr einem Jahr mit dabei

Von der ehrenamtlichen Tätigkeit profitieren

«Ich profitiere viel von meiner Auf​gabe», so Luana. Sie lerne, vor Kinder hinzustehen, Verantwortung zu übernehmen, Selbstinitiative zu ergreifen, könne Ideen entwickeln und diese einbringen. «Gemeinsam mit den Kindern und dem Leiterteam Erfolge feiern zu dürfen, ist sehr erfüllend», fügt die junge Handballerin an, die selbst im Verein im U16-Team aktiv ist und in naher Zukunft eine Ausbildung zur Fachfrau Kinderbetreuung in Angriff nehmen wird.

«Als Teil eines engagierten Teams etwas auf die Beine zu stellen, ist sehr motivierend.»

Jennifer Flückigers, STV Vordemwald

«Verantwortung übernehmen können», lautet ebenso Jennifer Flückigers Antwort auf die Frage, was ihr ihre ehrenamtliche Tätigkeit lehre. Die 30-jährige passionierte Turnerin hat beim STV Vordemwald erst als Hilfsleiterin und dann als Leiterin das Jugendgerät und danach bei den Aktiven die Schulstufenbarren-Gruppe geleitet, bevor sie nun die Technische Leitung innehat. «Zugegeben: Meine ehrenamtliche Tätigkeit nimmt viel Raum ein, oft bis zu einem Tag pro Woche. Und es wird nicht weniger, seit ich zusätzlich noch im OK des Turnfestes Zofige 2021 mit dabei bin», sagt Jennifer mit einem Lachen. Doch der Aufwand lohnt sich. «Ich profitiere viel davon. Es gilt zu organisieren, ich leite Sitzungen, muss vor Leuten sprechen, begehe auch mal Fehler und weiss dann aber auch, was nicht funktioniert.» Zudem bereite es viel Freude. «Als Teil eines engagierten Teams etwas auf die Beine zu stellen, ist sehr motivierend.»

Das Wort «Verantwortung» fällt auch bei Kim Jan Flükiger und David Gubler, die beim Aargauischen Leichtathletikverband neu die sozialen Medien betreuen. Gemeinsam betreiben die beiden Werfer bereits seit zwei Jahren einen privaten Facebook- und Insta​gram-Account zum Speerwurf mit über 6000 Followern weltweit. «So lag es nahe, dass wir die Herausforderung annahmen, den Social-Media-Bereich bei unserem Verband zu übernehmen», sagt David. Es mache Spass, damit einen Blick hinter die Kulissen des Verbandes werfen zu können, Kontakt zu anderen Sportarten zu bekommen und zu sehen, was es alles brauche, damit der Sportbetrieb funktioniere. «Zudem können wir uns damit noch vertiefter mit Facebook und Instagram beschäftigen. Wir erfahren, welche Hashtags ziehen und um welche Uhrzeit gepostete Beiträge am meisten Aufmerksamkeit bekommen.» Erfahrungen, von denen die beiden sich in Ausbildung zum Systemtechniker Informatik befindenden Kadersportler auch mal im Berufsleben profitieren können.

Nicht nur konsumieren, sondern auch etwas geben

Der Grund, warum die jungen Leute eine ehrenamtliche Aufgabe übernommen haben, gleicht sich bei allen: Sie wollen nicht nur konsumieren, sondern auch etwas geben. «Ich möchte etwas an den Verein zurückgeben, von dessen Struktur ich seit frühester Kindheit profitieren durfte», so Jennifer Flückiger. Nur so könne der Breitensport am Leben bleiben. «Eine Exotin bin ich dabei nicht. In meinem Familien- und Freundeskreis gibt es viele, die ein Ehrenamt ausüben.» Denn das Sozialleben im Verein sei bereichernd und gebe viel zurück. «Oft sitzen wir im Sommer bei Wettkämpfen oder an Turnfesten nach dem sportlichen Teil zusammen, trinken etwas und haben es lustig.» Auch in Luanas Kolleginnenkreis sind viele im Handball engagiert und helfen als Leiterinnen mit. «Momentan geniesst der Sport bei mir erste Priorität», so Luana, die selbst noch drei- bis viermal die Woche ins Training geht. Dank der Unterstützung der Eltern, die sie ab und zu fahren und einem guten Selbstmanagement könne sie alles unter einen Hut bringen. Bei Kim Jan und David lassen sich Ehrenamt, Ausbildung und die Sportkarriere dank der Flexibilität vereinen: «Das Smartphone erlaubt es uns, von unterwegs oder auch in der Mittagspause etwas zu posten.» Jennifer Flückiger profitiert hingegen von einem verständnisvollen Arbeitgeber: «Ich kann zwischendurch ein Mail schreiben oder ein Telefon führen.»

Auszeiten geben Lust auf mehr

Hat die Erprobteste unter den jungen Ehrenämtlern am Ende noch einen Rat an Junge, die an einem Ehrenamt interessiert sind oder bereits eines ausüben? Jennifer Flückiger: «Wer sich nicht über längere Zeit einbinden möchte, für den ist ein Ehrenamt bei einem Turnfest oder einem sportlichen Anlass passend, und genauso wertvoll.» Zudem: «Bei allem Spass und Entgegenkommen: Ein Gleichgewicht finden und sich Auszeiten nehmen ist enorm wichtig. Bei mir ist es ein Ausritt mit meinem Pferd oder ein Spaziergang mit dem Hund.» Dabei tankt sie Energie für sich und für weitere ehrenamtliche Taten.