World Wide Aargau
«Als Schweizer Beach Soccer Spieler musst du zumindest Teilzeit arbeiten»
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Der Wettinger Beach Soccer Spieler Noel Ott (27) gehört zu den Besten seines Fachs. 2017 wurde er ins Weltteam des Jahres gewählt, er lief schon rund 150 Mal für die Schweizer Nationalmannschaft auf und spielt derzeit in der höchsten Liga Italiens und der Schweiz. Profisportler ist er trotzdem nicht, sondern arbeitet 100 Prozent. Im Rahmen der Serie «World Wide Aargau» gibt er Einblicke in sein Leben als Beach Soccer Spieler.
Anders als im Clubfussball spielst du gleichzeitig in zwei Vereinen in zwei verschiedenen Ländern. In der Schweiz läufst du für die Havanna Shots auf und in Italien für Viareggio, ein Team aus der Toskana. Wie ist das möglich?
In den Beach Soccer Meisterschaften wird nicht an jedem Wochenende gespielt, sondern es finden pro Liga vier oder fünf verlängerte Spielwochenenden statt. Dann werden jeweils mehrere Partien ausgetragen. Die wichtigsten Ligen – dazu gehört unter anderem die italienische und die russische Liga – sprechen sich ab, so dass die Spieltage nicht gleichzeitig stattfinden. So ist es möglich, dass die Beach Soccer Spieler in verschiedenen Ligen gleichzeitig spielen können.
Das war bei dir 2017 auch der Fall. Damals hast du in der Schweiz, in Italien und in Russland gespielt.
Richtig. In jenem Jahr bin ich extrem viel gereist. Ich war drei bis vier Monate unterwegs, denn zusätzlich zu den Einsätzen in den ausländischen Ligen habe ich auch noch für die Nationalmannschaft gespielt. Das war sehr intensiv. Vor allem weil sich die ausländischen Clubs auch wünschen, dass du als Verstärkungsspieler aus dem Ausland nicht nur am Spieltag vor Ort bist, sondern idealerweise eine oder zwei Wochen vorher, damit du mit dem Team trainieren kannst.
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Und diesem Wunsch bist du jeweils nachgekommen?
2017 schon, denn damals nahm ich eine berufliche Auszeit und habe während einem Jahr nur Beach Soccer gespielt. Jetzt ist das für mich unmöglich. Ich arbeite in einem 100 Prozent-Pensum und mache noch eine Weiterbildung. Da kann ich nicht für irgendwelche Trainings früher anreisen.
Das heisst, du reist lediglich für die Spiele an und kehrst dann gleich nach Spielschluss zurück in die Schweiz?
Nicht ganz. Wenn wir beispielsweise von Donnerstag bis Sonntag spielen, reise ich am Dienstag an. Dann kann ich am Mittwoch mit der Mannschaft trainieren und dann geht’s los mit den Meisterschaftspartien. Nach den Matches reise ich dann zurück in die Schweiz.
«Wenn du als Beach Soccer Spieler im Ausland spielst, musst du gerne reisen. Das gehört dazu.»
Das klingt nach einem sehr dicht gedrängten Programm.
Ja, das stimmt. Aber gerade in Italien bleibt auch Zeit, um mit dem Team nach den Matches gemeinsam in der Stadt zu essen oder sonst etwas zu unternehmen. Das gefällt mir sehr und ist mit ein Grund, weshalb ich aktuell in Italien spiele. An den Spieltagen liegt der Fokus aber natürlich schon auf dem Sport.
Du hast in den letzten fünf Jahren für Teams aus Italien, Russland, Brasilien, Spanien, Portugal, der Ukraine und Israel gespielt. Ist dir das Reisen und das Leben aus dem Koffer nie verleidet?
Wenn du als Beach Soccer Spieler im Ausland spielst, musst du gerne reisen. Das gehört dazu. Aber natürlich gibt es – vor allem gegen Ende der Saison – Momente, in denen du gerne mit dem Finger schnippen würdest, damit zu Zuhause bist. Denn alle Beach Soccer Einsätze finden in den Sommermonaten statt. Das wird dann sehr intensiv. Aber dank dem Beach Soccer habe ich auch unglaubliche viele schöne Reisen erlebt.
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Und trotzdem kannst du davon nicht leben.
Das ist richtig. Das liegt daran, dass das Leben in der Schweiz so teuer ist. Wenn du als absoluter Weltklasse Beach Soccer Spieler in verschiedenen Ligen spielst und gut verhandelst, verdienst du in einem Jahr vielleicht die Hälfte eines guten Büroangestellten in der Schweiz. Das reicht natürlich für ein gutes Leben, wenn du aus Spanien oder Italien kommst. Aber in der Schweiz kommst du mit diesem Salär nirgends hin. Darum musst du als Schweizer Beach Soccer Spieler immer zumindest Teilzeit arbeiten.
Du arbeitest sogar 100 Prozent. Wo findest du da noch Zeit für die Trainings?
Wir trainieren vier Mal pro Woche abends mit der Nationalmannschaft. Zwei Mal spielen wir in Aarau, zwei Mal in Basel. Mit den Havanna Shots und mit meinem italienischen Team Via Reggio trainiere ich eigentlich nie. Da bestreite ich ausschliesslich die Meisterschaftsspiele. Dann reicht die Zeit fürs Training auch neben der Arbeit. Aber es braucht natürlich trotzdem einen verständnisvollen Arbeitgeber – da hatte ich wirklich Glück.
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Zum Beispiel?
Ganz besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Trip mit der Nationalmannschaft nach Tahiti. Das war einmalig.
Gab es bei all den Einsätzen ein Team, für das du besonders gerne gespielt hast?
Ich durfte einmal an einem Charity Event für den FC Barcelona auflaufen. Das war natürlich ein absolutes Highlight. Aber ich habe für alle meine Vereine gerne gespielt, denn sie alle geben sich sehr viele Mühe, dass man sich als ausländischer Spieler wohlfühlt. Das ist schon etwas Besonders, denn längst nicht alle Vereine können sich ausländische Spieler leisten und entsprechend gibt es auch nicht allzu viele Beach Soccer Spieler auf der Welt, die wie ich in verschiedenen Ligen spielen können.
Das heisst?
Pro Liga gibt es vielleicht vier oder fünf Teams, die genügend Budget haben, um ausländische Spieler zu verpflichten. Pro Mannschaft dürfen jedoch maximal drei ausländische Spieler eingesetzt werden. Das heisst, es gibt pro Liga vielleicht 15 ausländische Spieler und einige davon spielen in verschiedenen Ligen. Es ist also ein Privileg, wenn man zu diesen Spielern gehört.
World Wide Aargau
In unserer neuen Serie «World Wide Aargau» stellen wir Athletinnen und Athleten aus dem Kanton Aargau vor, die ihre Sportart im Ausland ausüben oder im Ausland trainieren. Schick uns eine Mail an redaktion@aargauersport.ch wenn du jemanden kennst, den wir in dieser Rubrik vorstellen könnten.