World Wide Aargau
«Hotels und Tennisplätze sehen auf der ganzen Welt gleich aus»
Bild: Fabio Baranzini
Die Aargauer Profi-Tennisspielerin Stefanie Vögele (31) ist eine Weltenbummlerin. Seit 15 Jahren verbringt sie mehr als die Hälfte des Jahres im Ausland für Turniere und Trainings. Im Rahmen der Serie «World Wide Aargau» gibt die aktuelle Weltnummer 128 Einblicke in ihr Leben als Tennisprofi.
Zuletzt war Stefanie Vögele für einmal länger in der Schweiz. Zuerst trat sie beim WTA Turnier in Lausanne an, wo sie die Achtelfinals erreichte, danach verbrachte sie einige Tage Zuhause in Leuggern. Allerdings nicht ganz freiwillig. Sie legte eine Pause ein, um einige medizinische Abklärungen zu treffen. Denn seit ihrer Corona-Infektion im Dezember hat sie immer mal wieder mit schweren Beinen, Atemproblemen und stärkerem Asthma zu kämpfen. Bald aber solls wieder zurück auf die Tennisplätze dieser Welt gehen. So, wie das in den letzten 15 Jahren, die Stefanie Vögele als Tennisprofi verbracht hat, stets der Fall war.
Stefanie, du spielst pro Jahr gegen 30 Turnier und bist entsprechend sehr viel unterwegs. Wo hast du deine Trainingsbasis?
Seit einigen Jahren ist meine Trainingsbasis in Prag. Zu Beginn meiner Karriere trainierte ich im nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis in Biel, danach eine kurze Zeit in Leuggern. Nach Prag bin ich wegen einer guten Kollegin gekommen. Sie kommt aus Tschechien und hat mit eingeladen. Mir hat es dort sofort sehr gut gefallen.
«Ich kann das machen, was ich am liebsten mache. Und zwar oftmals an den Orten, wo andere Leute Ferien machen.»
Wie oft bist du dort und wie hast du dich in Prag organisiert?
Ich bin mehrmals im Jahr dort. Am längsten sicher dann, wenn ich Ende Jahr den Aufbau für die kommende Saison bestreite. Zudem gibt es auch immer mal wieder Trainingsblöcke während der Saison. Wenn ich in Prag bin, lebe ich in einer kleinen Wohnung, die ich dort gemietet habe. Trainiert wird in einem grossen Club in Prag, wo ich als Mitglied spielen darf. Es gibt Hallen- und Aussenplätze und sehr viele gute Sparring-Partnerinnen. Auch mein Konditionstrainer ist in Prag. Daher ist das für mich ideal.
Apropos Trainer: Du arbeitest seit Beginn deiner Profikarriere mit deinem Trainer Ivo Werner zusammen. Ist er bei allen Turnieren mit dabei?
Ja, eigentlich schon. Ivo und ich sind praktisch immer gemeinsam unterwegs. Wenn die Turniere in der Nähe sind, kommen auch mal meine Mutter und ihr Partner oder ein paar Freunde.
Bist du auch #aargauersport?
Egal ob Sportlerin, Trainer, Schiedsrichterin, Funktionär, Vorstandsmitglied, Organisator oder leidenschaftlicher Fan – erzähl uns deine Geschichte!
Nimm uns doch mal mit an ein Turnier. Wie läuft das jeweils ab?
Wenn ich in Asien, Amerika oder Australien spiele, schaue ich jeweils, dass ich gleich mehrere Turniere in der Region spielen kann, damit sich die weite Reise auch lohnt. Aufgrund der Zeitverschiebung reisen wir jeweils vier, fünf Tage früher an, damit sich mein Körper an die neuen Bedingungen gewöhnen kann. Nach einigen Trainings steht dann das Turnier an, wo ich jeweils ein Match pro Tag bestreite.
Bleibt während einem Turnier auch Zeit, um die Region zu erkunden?
Normalerweise ja. Dann kann man abends in einem Restaurant was essen gehen oder an einem freien Nachmittag durch die Stadt spazieren. Das habe ich immer sehr genossen. Es war auch wertvoll für die Regeneration und um den Kopf durchzulüften. Seit Corona ist das aber nicht mehr möglich. Seither bin ich ausschliesslich im Hotel oder auf der Tennisanlage. Das ist schade, denn so kann ich am Ende eines Trips nicht mal sagen, wo ich war. Denn Hotels und Tennisplätze sehen auf der ganzen Welt gleich aus. Trotzdem ist für mich klar: Ich möchte auch unter diesen Bedingungen als Tennisprofi weiterspielen.
Was ist es denn, das dir am Profileben gefällt?
Ich kann das machen, was ich am liebsten mache. Und zwar oftmals an den Orten, wo andere Leute Ferien machen. Ich bin selbstständig und kann entscheiden, wo ich spiele. Und wenn ich gut spiele, kann ich auch einiges verdienen.
Bild: zur Verfügung gestellt
Sprechen wir doch gleich übers Geld. Du hast in deiner Karriere ein Preisgeld von 2,7 Millionen Franken eingespielt. Das klingt nach sehr viel.
Im ersten Moment ja. Aber dazu muss man wissen, dass vom Preisgeld jeweils direkt 20 bis 30 Prozent Steuern abgezogen werden. Die Reisen und auch die meisten Hotelunterkünfte muss ich jeweils selbst bezahlen – für mich und meinen Trainer. Und natürlich muss ich auch meinen Trainer bezahlen.
Wie viel kostet dich denn eine Tennissaison?
Wenn ich alles ideal umsetze, dann benötige ich rund 200’000 Franken. Wenn ich sparsam bin, geht es auch mit 150’000 Franken. Aber so teuer kommt eine Saison garantiert. Denn allein für Reisen, Hotel und Verpflegung fallen gegen 100’000 Franken an. Die Hotels sind bei den kleineren Turnieren nie bezahlt und auch bei den WTA-Turnieren nur so lange, wie man im Turnier verbleibt. Aber ich will mich auf keinen Fall beklagen. Ich kann – obwohl ich aktuell keine Sponsoren habe – vom Tennis leben.
Du hast über all die Jahr sehr viele Orte bereist, um Turniere zu spielen. Was war deine Lieblingsdestination?
Für mich ganz klar New York. Das ist eine extrem coole Stadt, in der man sehr viel unternehmen kann. Ich möchte zwar nicht dort wohnen, aber für die zwei, drei Wochen im Jahr ist das genial.
Die Aargauer Sport-Highlights in deiner Mailbox
Einmal im Monat stellen wir für dich die Highlights aus der Aargauer Sportszene zusammen. So landen die besten Geschichten und die grössten Erfolge direkt in deinem E-Mail-Postfach.
Als Tennisprofi bist du extrem viel unterwegs und lebst praktisch immer aus dem Koffer. Gibt es auch Momente, wo du die Nase voll hast von der Reiserei?
Zu Beginn meiner Karriere gabs die nicht. Heute jedoch immer mehr. Gerade die Coronasituation hat die Reiserei extrem verkompliziert. Früher habe ich einen Flug gebucht und bin ein paar Stunden später abgeflogen. Jetzt ist es viel aufwändiger mit all den Regeln. Ich merke daher schon, dass es auch ganz angenehm ist, wenn man nicht immer gleich wieder die Koffer packen und an den nächsten Ort reisen muss.
Hast du dir schon mal Gedanken gemacht, was du nach deiner Profikarriere machen möchtest?
Ja klar. Solche Gedanken macht man sich hin und wieder. Für mich ist aber klar, dass ich vorerst noch weiterspielen möchte. Dennoch habe ich angefangen, einen Vorkurs fürs Handelsdiplom zu machen.
Bild: zur Verfügung gestellt
World Wide Aargau
In unserer neuen Serie «World Wide Aargau» stellen wir Athletinnen und Athleten aus dem Kanton Aargau vor, die ihre Sportart im Ausland ausüben oder im Ausland trainieren. Schick uns eine Mail an redaktion@aargauersport.ch wenn du jemanden kennst, den wir in dieser Rubrik vorstellen könnten.