Sportförderung
«Egal, welche Herausforderung kommt: Ich werde sie meistern!»
Bild: Paco Lozano
Nach der verpassten Olympia-Qualifikation hängt Judoka Ciril Grossklaus seine internationale Karriere an den Nagel und beginnt sein Leben nach dem Spitzensport.
Das Warten zog sich hin. Nach den letzten Qualifikationskämpfen vergingen Tage, bis der Judo-Weltverband das finale Ranking endlich publizierte. Für den Aargauer Kämpfer Ciril Grossklaus reichte es schlussendlich nicht: «Im ersten Moment habe ich gelitten, definitiv. Doch im Verlauf meiner Sportlerkarriere habe ich auch gelernt, mit Niederlagen umzugehen. Dies half mir dabei, nach der verpassten Olympia- Qualifikation schon bald den Fokus neu zu setzen.» Neu heisst: ein Leben nach dem Spitzensport.
Ein präsenter Aargauer Spitzensportler
«Ciril war für den Aargauer Spitzensport ganz klar ein Aushängeschild. Er hat dem Sport alles untergeordnet, sich selbst mit Sponsoringverträgen professionell aufgestellt, war über seine Social-Media-Kanäle und Newsletter-Beiträge immer sehr präsent und hatte trotz einem zuletzt schwierigen Sportlerleben am Existenzminimum das Feuer nicht verloren», so Karin Wunderlin, Leiterin Leistungssport bei der Sektion Sport.
«Drei Jahre lang hiess es in Hochform sein, mit wenig Pausen, dafür vielen Turnieren und Reisestress. Das zerrte an mir: körperlich und mental.»
Die Corona-Jahre verlangten Ciril zum Ende seiner Karriere hin nochmals alles ab. «Die Pandemie zog die Olympia-Qualifikation in die Länge. Drei Jahre lang hiess es in Hochform sein, mit wenig Pausen, dafür vielen Turnieren und Reisestress. Das zerrte an mir: körperlich und mental», blickt der Judoka zurück. In den Zwangspausen während des Lockdowns konnte er jedoch etwas runte fahren und hatte Zeit, über seine Zukunft nachzusinnen: «Ich bin nun in meinem 30. Lebensjahr, das beste Judo-Alter liegt hinter mir. Als dann die Olympischen Spiele in Tokyo um ein Jahr verschoben wurden, reifte in mir der Entschluss, meine internationale Karriere nach diesem Highlight an den Nagel zu hängen.»
Ein Highlight ohne Ciril Grossklaus mit am Start. Ariane Knörr, Fachberaterin Leistungssport bei der Sektion Sport: «Wir wussten, dass es bei Ciril knapp werden würde und hofften natürlich bis am Ende auf einen glücklichen Ausgang.» Dass es nun nicht gereicht hätte, tue der langen und intensiven Karriere jedoch keinen Abbruch: «Ciril hat ganz viel richtig gemacht und war dank seiner Professionalität für den Aargauer Spitzensport immer ein Mehrwert.»
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Eine Randsportart ohne Geldsegen
«Ich hatte als junger Knabe offensichtlich Talent, musste jedoch im Verlauf der Jahre lernen, dass Talent allein nicht reicht, um an die Spitze zu kommen. Den seriösen Kämpfer, zu dem ich geworden bin, musste ich mir erst aneignen.» Seriös war Ciril Grossklaus im Training, in seiner Wettkampfplanung, aber auch in der Organisation seines Spitzensportlebens. «Insgesamt neun Jahre lang setzte ich voll aufs Profidasein als Judoka, im Wissen, nur so kann ich international vorne mitkämpfen.»
Finanziell unterstützten ihn anfangs die Eltern und er profitierte von der Sporthilfe sowie den damit verbundenen Geldern aus dem Swisslos-Sportfonds Aargau. Die letzten fünf Jahre wurde er grösstenteils von privaten Gönnern und Sponsoren finanziert, die er allesamt selbstständig akquirierte. «Im Judo wartet nicht das grosse Geld. Preisgelder gibt es nur in den zwei höchsten Turnierstufen zu gewinnen – und da auch nur bei Podestplätzen. Ein Grand-Slam-Sieg wirft lediglich fünftausend Dollar ab.» Trotz dieser Herausforderungen fühlte sich Ciril hier im Aargau auch immer getragen: «Das Nationale Leistungszentrum in Brugg war dank einer tollen Infrastruktur und einem professionellen Trainerstaff eine wichtige Stütze für meine Erfolge wie die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio oder meinen siebten EM Platz 2019 in Minsk, wo ich auch den amtierenden Weltmeister besiegte.»
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Ein Kreis, der sich schliesst
Zudem bekam er in jungen Jahren die Chance, bei der Sektion Sport eine auf vier Jahre verlängerte kaufmännische Lehre zu absolvieren – damals ein Pilotprojekt. Während der Ausbildung waren ein grosses Trainingspensum sowie viele Turnierteilnahmen möglich und mit dem Abschluss hatte Ciril gute Karten für das Leben nach dem Sport in der Hand.
Ein Leben, das nun seine Anfänge nimmt. Nervös? «Keineswegs. Was ich von meinen Spitzensportjahren mitnehme, ist ein reicher Schatz an Erfahrungen, der um so vieles wertvoller ist als jedes Resultat. Ich konnte insbesondere Selbstsicherheit und eine Portion Gelassenheit gewinnen und weiss, egal welche Hindernisse auf mich zukommen, ich werde sie meistern.»
Bild: Paco Lozano
Allerdings läuft es bis anhin rund: «Nur einen Tag nach meinem Ausscheiden aus dem Olympia-Rennen erfuhr ich rein zufällig, dass die Sektion Sport eine Teilzeitstelle ausgeschrieben hatte, die mir sehr zusagte. Ich habe mich sofort beworben und am Ende die Zusage bekommen – ein Kreis, der sich schliesst. Das ist genial!», freut sich Ciril Grossklaus. Daneben möchte er seine Trainerlaufbahn in Angriff nehmen. Bereits während seiner Spitzensportzeit bildete er sich bei Jugend + Sport weiter. Nun will er in den kommenden zwei bis drei Jahren noch den Berufstrainer anhängen. «Ich habe Judo gewissermassen studiert», sagt Ciril mit einem Lachen und fügt an: «Dieses Fachwissen gebe ich gern weiter.» Aber auch aktiv will er noch einige Jahre davon profitieren, als Teil des JJJC Brugg. «Das ist etwas, worauf ich mich extrem freue. Nun habe ich mehr Kapazität, gemeinsam mit den Jungs auf der Matte zu stehen und mit dem Team an den Schweizer Mannschaftsmeisterschaften teilzunehmen.» So ganz muss der Aargauer Sport also nicht auf Ciril Grossklaus und seine Qualitäten verzichten.
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