WorldWideAargau

«Ich brauche viel Kreativität, um meine Karriere zu finanzieren»

von Fabio Baranzini – 7. September 2021

Badmintonspieler Tobias Künzi in Aktion

Bild: zur Verfügung gestellt

Der 23-jährige Aargauer Tobias Künzi ist Badminton-Profi. In unserer Serie «World Wide Aargau» erzählt er uns, wie sein Trainingsalltag aussieht, warum die Reiserei ganz schön stressig werden kann und weshalb er viel Kreativität braucht, um seinen Olympia-Traum zu finanzieren.  

Tobias, seit du die Sportkanti in Aarau absolviert hast, gehst du dem Kanton Aargau «fremd». Du wohnst und trainierst seit drei Jahren in Bern.  
Das ist richtig. In Bern liegt das Trainingszentrum des Verbands und dort trainiere ich seit mittlerweile drei Jahren. Das Pendeln aus dem Aargau nach Bern wäre schlicht zu aufwendig. Darum wohne ich derzeit in einer WG in Bern – unter anderem gemeinsam mit Ronja Stern, ebenfalls eine Badminton-Profispielerin aus dem Aargau, und Aline Seitz, der Profi-Bahnradfahrerin aus Buchs.  

Eine «Aargauer Sport WG» also – das gilt schon fast wieder als «wohnhaft im Aargau». Spass bei Seite. Kannst du uns einen Einblick in deinen Trainingsalltag in Bern geben? 
Ich trainiere von Montag bis Freitag täglich zwei Mal. Zweieinhalb Stunden am Morgen und nochmals zweieinhalb Stunden am Nachmittag. Normalerweise finden rund sieben Trainings in der Halle statt, wo wir jeweils mit den Spielerinnen und Spielern des Nationalkaders trainieren. Wenn alle anwesend sind, sind wir insgesamt zwölf, die von zwei Coaches betreut werden. Die übrigen Trainingseinheiten finden im Kraftraum statt. Die restliche Zeit nutze ich für mein Studium in Sozialwissenschaften, das ich in einem Teilzeit-Pensum absolviere. Der Fokus liegt aber ganz klar auf dem Sport. 

«Ich kehre nach jedem Turnier in die Schweiz zurück, trainiere ein oder zwei Tage in Bern und reise weiter ans nächste Turnier.»

Tobias Künzi, Aargauer Badminton-Profi

Du spielst regelmässig auf der internationalen Profitour und bist aktuell die Nummer 140 der Welt. Wie oft bist du für Turniere im Ausland unterwegs?
Ich bestreite während der Saison, die von September bis Juni dauert, etwa 15 bis 20 Turniere im Ausland. Die meisten dieser Turniere finden in Europa statt. Nur selten reise ich für Wettkämpfe weiter.  

Nimm uns einmal mit an ein solches Turnier. Wie geht das zu und her? 
Dank meinem Ranking bin ich bei den kleineren und mittleren Turnieren direkt im Hauptfeld. Das heisst, ich kann einen Tag später anreisen als die Spieler, die in der Qualifikation antreten müssen. Im Hauptfeld beginne ich jeweils am Donnerstag mit den ersten Partien. Das heisst, ich reise am Mittwoch an und starte am Tag darauf ins Turnier. Dabei stehen jeweils zwei Matches pro Tag auf dem Programm bis am Sonntag. Und dann geht’s zurück in die Schweiz. 

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Bist du tatsächlich nie länger als ein paar Tage unterwegs? 
Nein, das kommt praktisch nie vor. Denn im Badminton finden leider nie mehrere Turniere am selben Ort statt. Deshalb kehre ich immer direkt nach dem Turnier in die Schweiz zurück. 

Und direkt weiterreisen an den nächsten Turnierort ist nicht möglich? 
Möglich schon, aber es ergibt meistens nicht viel Sinn. Denn selbst wenn ich bis ins Finale komme und am Sonntag noch im Einsatz stehe, habe ich drei Tage Pause, bevor das nächste Spiel beim nächsten Turnier ansteht. In diesen drei Tagen ist es aber sehr schwierig, ein Training zu organisieren, und die Kosten für die Hotels werden höher. Entsprechend kehre ich nach jedem Turnier in die Schweiz zurück, trainiere ein oder zwei Tage in Bern und reise weiter ans nächste Turnier.  

Das klingt aber ganz schön stressig. 
Das kann in der Tat ziemlich stressig werden mit der vielen Reiserei. Aber gerade aus finanzieller Sicht ist es so am besten.  

Bild: zur Verfügung gespielt

Du sprichst die finanzielle Situation an. Kannst du von deinem Sport leben? 
Ja, ich kann von meinem Sport leben, aber ich muss das Geld dafür definitiv zusammenkratzen. Die Preisgelder reichen bei weitem nicht. Wenn ich ein Turnier gewinne, kann ich davon die Reise und das Hotel bezahlen. Ansonsten reicht es nicht mal dafür. Und wenn ich vor den Viertel- oder Halbfinals verliere, gibt es je nach Turnier überhaupt kein Preisgeld. 

Wie finanzierst du denn deine Karriere? 
Ich erhalte wichtige Unterstützung vom Verband und vom Team Argovia, für das ich in der Interclubmeisterschaft spiele. Auch meine Familie unterstützt mich. Dennoch brauche ich zusätzlich Sponsoren. Doch die sind im Badminton schwer zu finden. Entsprechend brauche ich viel Kreativität, um meine Karriere zu finanzieren.  

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Egal ob Sportlerin, Trainer, Schiedsrichterin, Funktionär, Vorstandsmitglied, Organisator oder leidenschaftlicher Fan – erzähl uns deine Geschichte!

Zum Beispiel? 
Gemeinsam mit meinem Badminton-Kollegen Christian Kirchmayr organisiere ich am 25. September in der Mehrzweckhalle Brühl in Gebensdorf einen Event. Wir beide haben die letzten vier Finals der Schweizer Meisterschaften bestritten. Am 25.9. kommt es nun zum «Showdown» zwischen uns. Zusätzlich zu unserem Direktduell, das der Höhepunkt des Abends sein wird, organisieren wir ab 16:30 Uhr ein Rahmenprogramm, bei dem die Gäste selber gegen und mit uns Badminton spielen können. Es wird auch ein Buffet, eine Bar und Live Musik geben. Der Erlös des Abends fliesst dann in unsere Karrieren.  

Was sind denn deine nächsten Ziele? 
Die WM Teilnahme im Dezember ist mein nächstes grosses Ziel. Meine langfristige Planung ist jedoch voll und ganz auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris ausgerichtet. Das ist mein grosses Ziel. Damit ich dort teilnehmen kann, muss ich letzten Jahr vor Olympia in der Weltrangliste einen Platz in der Region von Rang 70 erreichen.   

Badmintonspieler Tobias Künzi in Aktion

Bild: zur Verfügung gespielt

Hinweis

In unserer neuen Serie «World Wide Aargau» stellen wir Athletinnen und Athleten aus dem Kanton Aargau vor, die ihre Sportart im Ausland ausüben oder im Ausland trainieren. Schick uns eine Mail an redaktion@aargauersport.ch wenn du jemanden kennst, den wir in dieser Rubrik vorstellen könnten.