Im Fokus

Doppel-Gold als Startschuss für die Olympia-Kampagne

von Fabio Baranzini – 7. Februar 2022

Badmintonspielerin Ronja Stern in Aktion

Bild: Fabio Baranzini

In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir Sportlerinnen und Sportler aus dem Kanton Aargau vor, die jüngst für Aufsehen gesorgt haben. Diesmal ist es Badmintonspielerin Ronja Stern (24), die nach einer wahren Verletzungs-Odyssee am vergangenen Wochenende zweifache Schweizer Meisterin wurde.

Endlich, endlich hat es geklappt. Ronja Stern gewinnt ihren ersten Schweizer Meistertitel bei der Elite. 2016 und 2018 hatte sie bereits die Silbermedaille im Einzel gewonnen. Gestern nun konnte sie sich erstmals die Goldmedaille umhängen lassen. Und das erst noch an ihrer Heim-SM auf dem Mutschellen. «Der Titel ist mega, ich kann es gar nicht so richtig in Worte fassen, was mir das bedeutet», sagt Ronja Stern.

«Ich beging kaum Fehler und hatte auch keine Konzentrationslücken.»

Ronja Stern, Badmintonspielerin

Die 24-jährige Remetschwilerin hat ihren Triumph an den nationalen Titelkämpfen auf äusserst überzeugende Art und Weise erspielt. Trotz kniffliger Auslosung musste sie in ihren vier Partien keinen einzigen Satz abgeben. «Ich habe auf einem hohen Level gespielt. Ich beging kaum Fehler und hatte auch keine Konzentrationslücken», freute sich Stern, die an der Seite von Nicolas Müller auch im Mixed reüssierte und etwas überraschend noch ein zweites Mal Gold gewann an diesem Sonntag.

Badmintonspielerin Ronja Stern freut sich mit ihrem Mixed-Partner Nicolas Müller über den SM-Titel

Bild: Fabio Baranzini

Operation als einziger Ausweg

Die beiden Goldmedaillen sind eine riesige Genugtuung für Ronja Stern. Und vor allem auch der mehr als verdiente Lohn für eine unglaubliche Willensleistung in den vergangenen vier Jahren. Denn in diesen vier Jahren musste die junge Aargauerin etliche Rückschläge einstecken und immer wieder aufstehen.

Rückblende: 2017 verspürt Ronja Stern erstmals Schmerzen im Fuss. Sie biss auf die Zähne und spielte weiter. «Es war ein mega Auf und Ab. Mal konnte ich zwei Monate mehr schlecht als recht spielen, dann fiel ich wieder zwei Monate komplett aus», blickt sie zurück. Die Ärzte diagnostizierten eine chronische Sprunggelenksverletzung. Diese versuchte sie mit einer Kortisonspritze zu behandeln. Das brachte kurzfristigen Erfolg. Doch die Schmerzen kehrten zurück. Anfang 2019 darum die zweite Kortisonspritze. Diesmal jedoch ohne Erfolg. Bereits beim ersten Turnier waren die Schmerzen wieder da. «Da war für mich klar, dass ich operieren muss.»

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Erfolgreiches Comeback im Frühling 2021

Nach der Operation liess sich Ronja Stern bewusst viel Zeit und absolvierte einen sauberen Aufbau. «Ich wollte auf keinen Fall etwas überstürzen», sagt sie. Anfang 2020 war sie endlich wieder bereit, um anzugreifen. Doch dann kam Corona. Ronja Stern und ihre Trainingspartner im Nationalkader von Swiss Badminton konnten nicht mehr in der Halle trainieren. Also wichen sie aus und absolvierten viele Einheiten im Freien statt in der Halle. «Das war für mein Fuss eine völlig neue Belastung, die wieder Schmerzen verursachte. Ich musste also wieder pausieren und wieder einen neuen Aufbau starten.»

Im Frühjahr 2021 dann der grosse Moment: Ronja Stern gab ihr Comeback auf der internationalen Bühne in Polen. Und das gleich mit einem Paukenschlag. Mit ihrem Mixedpartner Nicolas Müller – auch er genau wie Ronja Stern eigentlich ein klassischer Einzelspieler – erreichte sie bei ihrem ersten Turniereinsatz seit fast zwei Jahren völlig überraschend das Endspiel.

Badmintonspielerin Ronja Stern in Aktion im Mixed mit Nicolas Müller

Bild: Fabio Baranzini

Aufhören war keine Option

Doch auf die grosse Freude folgte der nächste Dämpfer. Das Wadenbein schmerzte. Stressreaktion sagten die Ärzte. Wieder sechs Wochen Pause. «Diese Pause hat mich brutal getroffen. Ich war bereit, wieder voll anzugreifen und habe gesehen, dass ich auch international wieder mithalten kann. Dafür habe ich so lange kämpft und dann, als es greifbar war, nimmt dir das einfach wieder jemand weg», erzählt Stern. In dieser Situation hat sie auch ans Aufhören gedacht. Aber das war keine Option. «Das hätte sich wie aufgeben angefühlt.»

Und so biss Ronja Stern nochmals auf die Zähne. Wieder absolvierte sie einen Aufbau und kämpfte sich zurück. Diesmal scheint es nun endlich geklappt zu haben. Seit Sommer 2021 ist Ronja Stern ohne Schmerzen. Sie hat die Interclubsaison bestritten, einige internationale Einsätze absolviert und hat mit dem Gewinn der beiden SM-Titel am vergangenen Wochenende ihre bisher wertvollsten Siege nach der Verletzungs-Odyssee geholt.

Badmintonspielerin Ronja Stern in Aktion

Bild: Fabio Baranzini

Der Traum von den Olympischen Spielen in Paris

Die beiden Goldmedaillen sind für Ronja Stern so etwas wie ein Startschuss. Ein Startschuss in Richtung Olympische Spiele 2024 in Paris. «Ich möchte die nächsten zweieinhalb Jahre voll aufs Badminton setzen und mich für die Spiele in Paris qualifizieren», sagt Stern, die an der Universität Bern bald ihren Bachelor in Informatik abschliesst. «Ich weiss, dass die Teilnahme in Paris enorm schwierig wird, da wir allein in der Schweiz vier Spielerinnen haben, die das nötige Potenzial dafür mitbringen. Wir haben aber nur einen Startplatz.»

Kommt hinzu, dass für Paris eine Weltranglistenposition um Platz 60 nötig sein dürfte. Und davon ist Ronja Stern aktuell noch ziemlich weit entfernt. Auf Platz 237 spuckt sie der Resultatcomputer des internationalen Badmintonverbandes aus. Es wartet also noch viel Arbeit auf Ronja Stern. Aber sie hat in den letzten Jahren bewiesen, dass sie sich grossen Herausforderungen stellen kann und Aufgeben keine Option ist. Vielleicht machen am Ende genau diese Erfahrungen den Unterschied aus zu Gunsten von Ronja Stern.

Hinweis

In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir einmal im Monat einen Sportler oder eine Sportlerin aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt hat. Alle bisherigen Portraits findest du hier.