Über den Tellerrand

«Bis zu zehn Meter hoch in der Luft»

von Fabio Baranzini – 28. November 2024

Zwei Trampolinspringer in Aktion

Bild: zur Verfügung gestellt

In unserer Serie «Über den Tellerrand» stellen wir euch Sportarten vor, die im Kanton Aargau betrieben werden, aber in der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind. Diesmal geht es um Trampolinspringen, wo der STV Möriken-Wildegg zu den besten Adressen der Schweiz gehört

Im Schweizerischen Turnverband gibt es drei Sportarten, die olympisch sind: Kunstturnen, Rhythmische Gymnastik und Trampolinspringen. An der diesjährigen Olympiade fand das Trampolinspringen ohne schweizer Beteiligung statt. Für die nächste Olympiade besteht die Hoffnung auf eine Teilnahme eines Schweizer Athleten. Sicher ist die Teilnahme aber keinesfalls.

Das hängt unter anderem auch mit der Breite in dieser Sportart zusammen. In der Schweiz gibt es nur knapp 25 Vereine, die Trampolinspringen anbieten. Zwei davon sind im Aargau: Der TV Waltenschwil und der STV Möriken-Wildegg. Letzterer ist eine der besten Adressen in der Schweiz, sammeln doch die Möriker Athletinnen und Athleten an den Schweizer Meisterschaften stets fleissig Medaillen.

«Eine gute Orientierung, Körperspannung und Koordination sind wichtig und es braucht gerade am Anfang etwas Geduld.»

Tobias Beckert, Trampolinspringer

Show-Auftritte sind beste Werbung

Einer dieser Athleten ist Tobias Beckert. Seit er acht Jahre alt ist, ist er Trampolinspringer, hat verschiedene Schweizer Meistertitel gewonnen, leitet einmal wöchentlich Trainings im Verein und ist schon an verschiedenen grossen Shows wie der Gymnaestrada, der Gymotion im Hallenstadion oder dem ChristmasTattoo in der St.Jakobshalle gesprungen. «An den Auftritten wie der Gymaestrada oder der Gymotion zeigen wir jeweils Auftritte mit vier oder noch mehr grossen Trampolinen und über 20 Athletinnen und Athleten, die in einer Choreographie passend zur Musik springen», erklärt Beckert. Diese Art von Auftritt ist eine Schweizer Eigenheit, die auch im Vereinsgeräteturnen so praktiziert wird. «International gibt es nur Einzel- und Synchronspringen, Auftritte von Gruppen dagegen nicht. Für uns sind diese Show Auftritte in der Gruppe jedoch sehr wichtig, denn so können wir Werbung machen fürs Trampolinspringen.»

Um die Sportart Trampolin näher zu erklären, beginnen wir mit den beiden klassischen Disziplinen Einzel- und Synchronspringen. In beiden Disziplinen wird auf den grossen Trampolinen, die drei Mal fünf Meter gross und knapp 250 Kilogramm schwer sind, gesprungen. Tobias Beckert erklärt uns die Diszipline wie folgt.

Gruppe von Trampolinspringern während einer Show in Aktion

Bild: zur Verfügung gestellt

So funktioniert das Einzelspringen

«Im Einzelspringen hast du zwei Versuche, wobei der bessere gewertet wird. Pro Übung werden jeweils zehn Elemente gezeigt. Dabei ist wichtig, dass diese Elemente in direkter Abfolge – also ohne Leersprung dazwischen – präsentiert werden müssen. Wenn man bei der Landung die blaue Umrandung des Trampolins berührt oder die Elemente nicht in direkter Abfolge gezeigt werden, wird die Übung abgebrochen.» Bewertet werden dabei verschiedene Aspekte. Am wichtigsten ist die Haltung. Diese Wertung, die von sechs Kampfrichtern vorgenommen wird, zählt doppelt. Dabei geht es um die Sauberkeit der Ausführung, wobei jedes der zehn Elemente einzeln bewertet wird. Zwei weitere Kampfrichter beurteilen die Schwierigkeit der gezeigten Sprünge. Diese Punktezahl wird einfach gewertet. Und dann gibt es im Trampolin Einzelspringen noch zwei Wertungen, die elektronisch gemessen werden. Beim sogenannten «Horizontal Displacement» wird gemessen, wo die Athletinnen und Athleten landen. Je weiter weg von der Mitte des Trampolins, desto grösser der Abzug. Das Gerät misst zudem auch die «Time of Flight» – also die Flugzeit. Je länger man in der Luft ist bei den zehn Sprüngen, desto mehr Punkte gibt’s. Die besten Trampolinspringer der Welt erreichen bei ihren Sprüngen Höhen von bis zu zehn Metern.

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So funktioniert das Synchronspringen

«Im Synchronspringen werden zwei Trampoline nebeneinander gestellt und die beiden Athletinnen oder die beiden Athleten zeigen dann auf ihrem Trampolin die jeweils identische Übung. Oberstes Kriterium dabei ist die Synchronität bei der Landung auf dem Trampolin. Diese zählt doppelt in der Wertung, dafür ist die Höhe der Sprünge im Vergleich zum Einzelspringen kein Kriterium mehr. Die Haltung, das Horizontal Displacement und die Schwierigkeit werden dagegen nach genau denselben Kriterien bewertet wie im Einzelspringen und zählen jeweils einfach», so Tobias Beckert.

Zwei Trampolinspringer in Aktion

Bild: zur Verfügung gestellt

Körperspannung und Koordination

So viel zum Reglement und den Bewertungskriterien – doch was braucht es denn eigentlich, um ein guter Trampolinspringer oder eine gute Trampolinspringerin zu werden? «Eine gute Orientierung, Körperspannung und Koordination sind wichtig und es braucht gerade am Anfang etwas Geduld, da die weiteren Sprünge auf den Basics aufgebaut werden», sagt Tobias Beckert.

Wer an der nationalen Spitze in der Schweiz mitturnen will, der muss fürs Trampolinspringen mehrfach pro Woche trainieren. Der STV Möriken-Wildegg bietet maximal vier Trainings pro Woche an, was mehr ist als anderen Vereine. Im Nationalkader ist das Trainingspensum dann nochmals deutlich höher und liegt bei rund 20 bis 25 Stunden pro Woche. In der Schweiz gibt es jeweils vier Qualifikationswettkämpfe für die Schweizer Meisterschaften. An zwei dieser Wettkämpfe muss man die Qualifikations-Limite übertreffen, damit man an den nationalen Titelkämpfen starten kann. Über alle Kategorien hinweg – Männer, Frauen und Nachwuchs – starten jeweils rund 250 Athletinnen und Athleten. Trampolin gehört also definitiv zu den kleineren Randsportarten, auch wenn die Sportart sehr spektakulär ist.

Gruppe von Trampolinspringern während einer Show in Aktion

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Hinweis

Weitere spannende Beiträge aus unserer Rubrik «Über den Tellerrand», in der wir unbekannte Sportarten vorstellen, die im Kanton Aargau ausgeübt werden, findest du hier.