Im Fokus

Christian Baumann lässt lieber Taten statt Worte sprechen

von Fabio Baranzini – 28. April 2021

Portrait des Kunstturners Christian Baumann

Bild: Aargauer Turnverband / Janis Fasser

In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir Sportlerinnen und Sportler aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt haben. Diesmal ist es Kunstturner Christian Baumann, der an der Heim-EM in Basel am Barren die Bronze-Medaille gewonnen hat.

Mit einer tollen Übung im Barren-Final hat Christian Baumann zum Abschluss der Heim-EM in Basel noch einmal für ein Highlight aus Schweizer Sicht gesorgt. Der 26-Jährige aus Leutwil sicherte sich die Bronzemedaille. Für den Aargauer Spitzen-Kunstturner ist es bereits die dritte EM-Medaille in einer Einzeldisziplin in seiner Karriere. Bei seiner allerersten EM 2015 gewann er Silber am Barren, ein Jahr später war es dann die bronzene Auszeichnung auf dem Pauschenpferd.

Und jetzt – fünf Jahre später – folgt die dritte EM-Medaille. «Diese Medaille bedeutet mir sehr viel. Es ist grandios, dass ich sechs Jahre nach der ersten Barren-Medaille wieder Edelmetall gewinnen konnte. Damals 2015 kam der Erfolg für alle inklusive mir sehr überraschend. In diesem Jahr aber war die Medaille mein Ziel, auf das ich sehr hart hingearbeitet habe», ordnet Baumann seinen Erfolg in Basel ein.

«Ich suche weder die Berühmtheit, noch will ich möglichst viele Follower auf Social Media haben.»

Christian Baumann, EM-Bronzemedaillen-Gewinner am Barren

Weder Geduld noch Motivation verloren

Die Medaille vom letzten Sonntag ist angesichts der langen Wettkampfpause vor den europäischen Titelkämpfen gar noch etwas höher einzustufen. Eineinhalb Jahre lang bestritt Baumann nämlich keinen einzigen Ernstkampf. Nicht mal eine teaminterne Ausscheidung. Eine gefühlte Ewigkeit im Leben eines Spitzensportlers. Trotzdem hat Christian Baumann das ganze letzte Jahr in Magglingen verbracht. Dort wohnt er mit den anderen Mitgliedern des Kunstturn-Nationalkaders in einer «Riesen-WG», wie er es nennt. Und obwohl die Wettkämpfe ausgefallen sind, hat Baumann täglich hart trainiert. Sechs Tage die Woche jeweils bis zu fünf Stunden. Krafttraining und Regeneration nicht mit eingerechnet.

Dass Christian Baumann in dieser schwierigen Phase die nötige Disziplin aufbrachte und weder die Geduld, noch die Motivation verloren hat, hängt sicherlich auch mit seinem Charakter zusammen. Der 26-Jährige ist ruhig, besonnen und bodenständig. Er ist nicht der Mann der grossen Worte. Die Aufmerksamkeit und das Rampenlicht sucht er nicht. Auch nicht in den Momenten des Erfolgs. TV-Auftritte wie beispielsweise jener am vergangenen Sonntag im «sportpanorama» des Schweizer Fernsehens sind nicht seine Welt. Seine Welt ist die Turnhalle. Dort ist er in seinem Element.  

Kunstturner Christian Baumann in Aktion am Barren

Bild: STV/Martin Fröhlich

Es geht nur ums Turnen

Auch in den Sozialen Medien ist Christian Baumann kaum aktiv. Während andere Spitzensportlerinnen und -sportler ihre Fans praktisch rund um die Uhr mit Videos und Bildern versorgen und so an ihrem Leben teilhaben lassen, hat Christian Baumann bewusst einen anderen Weg gewählt. Er hat weder eine Fanseite auf Facebook noch eine eigene Webseite. Auf Instagram hat er ein Profil, nutzt es jedoch kaum. Fünf Posts hat er beispielsweise im Jahr 2020 abgesetzt. «Ich bin Turner und habe meine sportlichen Ziele, die ich erreichen will. Ich suche weder die Berühmtheit, noch will ich möglichst viele Follower auf Social Media haben. Das sind Dinge, die mich nicht interessieren», sagt Baumann erfrischend ehrlich.

Es passt ins Bild, dass sich Christian Baumann im Alltag kaum von seiner Arbeit in der Trainingshalle ablenken lässt. Er pflegt keine ausgefallenen Hobbies und absolviert nebenbei auch kein Studium oder eine sonstige Ausbildung. Dafür fehlt schlicht die Zeit neben dem grossen Trainingsaufwand. Und so konzentriert sich Christian Baumann zu hundert Prozent aufs Turnen. Frühstück, Training, Mittagessen, Training, Abendessen, Schlafen. So sehen die Tage von Christian Baumann aus. Die Wochenenden verbringt er dann regelmässig im Aargau bei seiner Familie und seinen Freunden. «Dort kann ich abschalten und finde den Abstand vom Kunstturnen», sagt er.

Vorbild für die Jungen

Auch wenn Baumann ein ruhiger und introvertierter Typ ist, zählt er aufgrund seiner Leistungen längst zu den Schweizer Teamleadern. Erst recht nach den Olympischen Spielen, wenn nach Oliver Hegi mit Pablo Brägger noch ein weiterer Leistungsträger abtreten wird. Die Rolle als Teamleader nimmt Baumann gerne an. «Ich sehe mich nicht als Captain, der das Team anführt, aber ich helfe gerade den jüngeren Athleten gerne mit Tipps weiter. Ich sehe mich da in einer Vorbildrolle», sagt Baumann. Mit seiner Einstellung und seiner Arbeitsmoral ist Christian Baumann garantiert ein gutes Vorbild für den Kunstturn-Nachwuchs – auch ohne grosse Worte.

Kunstturner Christian Baumann freut sich über EM-Bronze am Barren

Bild: STV/Martin Fröhlich

Hinweis

In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir einmal im Monat einen Sportler oder eine Sportlerin aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt hat. Alle bisherigen Portraits findest du hier.