«Ein Olympia-Diplom ist etwas mega Aussergewöhnliches»

Berenice, du hast im TV-Interview direkt nach deinem 7. Platz an den Olympischen Spielen in Peking gesagt: «Ein Diplom bei Olympia verbinde ich eigentlich nicht mit mir.» Wie sieht das ein Jahr später aus? 
Mittlerweile habe ich mich etwas daran gewöhnt. Das ist einerseits cool, weil es zeigt, dass ich mich selbst an der Weltspitze sehe. Andererseits muss ich mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass ein Olympia-Diplom etwas mega Aussergewöhnliches ist.  

Welche Erinnerungen aus Peking sind noch am präsentesten? 
Zum einen ist es die Qualifikation. Als ich gewusst habe, dass ich im Final der besten 12 dabei bin, war das ein grossartiges Gefühl. Zum anderen kann ich mich noch sehr gut erinnern, dass ich vor dem Final extrem müde war. Es war der fünfte Tag in Folge mit Trainings oder Wettkämpfen. Das war auch emotional sehr intensiv. Ich bin daher sehr stolz, dass ich im Final eine so gute Leistung abrufen konnte. Natürlich erinnere ich mich auch das Olympische Dorf, die Covid-Massnahmen und die Helferinnen und Helfer in den Schutzanzügen.

Haben die Olympischen Spiele für dich etwas verändert? 
Olympia ist für mich als Sportlerin enorm wichtig. Es fällt mir seit meinem Erfolg im Peking einfacher zu sagen, dass ich hauptberuflich Sportlerin bin. Eigentlich ist es schade, dass es dafür die Olympischen Spiele braucht, denn viele andere Sportlerinnen und Sportler leisten dasselbe, können aber nicht an Olympischen Spielen teilnehmen.

Welches sind die wichtigsten Fähigkeiten für deine sportlichen Erfolge? 
Ich bin sehr ehrgeizig. Ich weiss, was ich will, und mache alles, um das auch zu erreichen. Ich habe keine Angst, dafür «all in» zu gehen. Zudem bin ich ein Wettkampf-Typ und kann mich steigern, wenns draufankommt. Das ist ein grosses Plus.  

Du hast sieben Jahre in Davos gelebt und dort im Juni die Sportschule mit der Matura beendet. Wo bist du mehr zuhause – in Davos oder in Ennetbaden?  
Definitiv in Ennetbaden, auch wenn ich sieben Jahre in Davos war. An den Wochenenden bin ich immer nach Ennetbaden zurückgekehrt. Meine Familie und viele Freunde wohnen da und es ist mir wichtig, sie regelmässig zu sehen. Das gibt mir einen Ausgleich und lenkt mich in schwierigeren Momenten ab.

In Ennetbaden wird’s allerdings schwierig mit Schneetrainings. Wo hast du aktuell deinen Trainingsstützpunkt? 
In Laax, denn dort steht die beste Halfpipe der Welt. Dort habe ich mit zwei Slopestyle-Snowboarderinnen neu eine WG. So habe ich immer einen Schlafplatz, wenn wir in Laax trainieren. Das Sommertraining habe ich aber grösstenteils in Baden absolviert.

Habt ihr euch schon eingelebt und organisiert mit «Ämtliplan» und allem, was zum WG-Leben dazugehört? 
Nein, für einen Ämtliplan sind wir viel zu selten dort (lacht). Da wir viele Wettkämpfe im Ausland bestreiten, sind wir praktisch nie zu dritt in der WG. Das ist eigentlich schade.

Wenn du statt an den Olympischen Winterspielen an den Sommerspielen teilnehmen müsstest – in welcher Sportart hättest du die besten Chancen? 
Vermutlich im Dressurreiten. Meine Mutter ist Dressurreiterin und ich reite schon, seit ich denken kann. Wenn ich in Ennetbaden bin, verbringe ich sehr viel Zeit bei den Pferden meiner Mutter. 

Zurück in den Winter: Die neue Saison ist bereits voll im Gang, den Weltcup Auftakt hast du aber verpasst – was ist passiert? 
Ich bin bei einem Trainingssprung in Saas-Fee gestürzt und habe mich am linken Sprunggelenk an den Bändern, Sehnen und Knochen verletzt. Darum konnte ich erst verspätet in die neue Saison starten. Ich hoffe aber trotzdem, dass es für die restlichen Weltcups und die WM in Georgien Ende Februar reicht.  

Welche Schlagzeile möchtest du 2023 gerne über dich lesen? 
«Erstes Weltcup-Podest für Berenice Wicki»