«Elena ist eine Athletin, die die Perfektion anstrebt»

«In der Anfangsphase von Elenas Karriere habe ich sie als Trainerin begleitet. Ich war Mutter und Trainerin in einem. Als Elena etwa 15 Jahre alt war, sagte sie mir eines Tages: ‘Ich will nicht mehr, dass du mein Coach bist – ich brauche dich als Mami.’ Also habe ich seither alle Aufgaben als Coach abgegeben und berate sie in Karatefragen nur noch dann, wenn sie explizit nach meiner Meinung fragt. Dieser Entscheid von Elena zeigt, dass sie schon als junge Sportlerin ganz genau wusste, was sie will.

Das ist etwas, das sich bis heute durchzieht. Elena ist extrem zielorientiert. Wenn sie sich etwas vorgenommen hat, dann erstellt sie sich einen Plan und zieht den durch – ohne Kompromisse. Das war schon als Kind so. Ich kann mich noch gut an ein Krafttraining erinnern. Sie musste von einer Kräftigungsübung zwanzig Wiederholungen machen. Sie machte aber zwei, drei Wiederholungen mehr – ‘für Olympia’, wie sie sagte. Dabei war Karate zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht olympisch. Dennoch war für sie ab dem Zeitpunkt, als 2016 bekanntgegeben wurde, dass Karate 2020 olympisch sein würde, klar, dass sie in Tokio dabei sein will.

Elena ist eine Athletin, die die Perfektion anstrebt. Das zeigt sich nicht nur im Karate, sondern auch bei allem anderen – selbst im Haushalt. Wenn Elena die Küche putzt, dann ist die Küche blitzblank sauber. Wenn sie die Wäsche macht, dann gibt’s da überhaupt nichts nachzubessern. Wenn sie etwas macht, dann macht sie es richtig. Das beweist sie auch in den Trainings. Wenn das Training um halb acht beginnt, dann ist Elena um halb acht bereit. Dann muss sie nicht noch Wasser holen und die Füsse tapen. Sie ist auf den Punkt bereit. Und auch während den Trainings ist sie fokussiert. Es wird gearbeitet, nicht rumgealbert. Das Training ist erst fertig, wenn alles erledigt ist. Von aussen mag das zuweilen verbissen wirken – für Elena ist es trotz der Disziplin mit viel Freude verbunden. Ich bin überzeugt, dass das der Schlüssel für Elenas Erfolg ist.

Diese Gabe, sich voll und ganz auf etwas zu fokussieren und es bis zur Perfektion durchzuziehen, ist etwas, das Elena schon als Kind auszeichnete. Entsprechend musste ich sie auch immer mal wieder bremsen. Zum Beispiel wenn sie vor und nach den Trainings vor dem Spiegel im Gang bei uns zuhause weiter an Techniken geübt hat, statt sich zu erholen. Oder wenn sie noch ein weiteres Video eines Karatekampfs analysieren wollte. Sie musste lernen, dass es nicht immer noch mehr sein muss, sondern dass es auch Pausen braucht.

Mittlerweile ist Elena sehr selbstständig. Sie hat ihren eigenen Verein gegründet, um ihr Wissen weiterzugeben. Zudem organisiert sie auch alle ihre Reisen und Hotels selbst. Da halte ich mich im Hintergrund. An den Wettkämpfen bin ich aber immer mit dabei. Nicht als Trainerin und nicht als Beraterin, sondern als mentale Stütze. Wenn man so viel reist und so viel Zeit im Ausland verbringt wie Elena, braucht man einen Anker, auf den man sich blind verlassen kann. Das ist meine Aufgabe, die ich sehr gerne wahrnehme und für die ich alle meine Ferien drangebe.»