Über den Tellerrand
Es braucht Ruhe und Kraft, um ins Schwarze zu treffen
Bilder: Fabio Baranzini
In unserer Serie «Über den Tellerrand» stellen wir euch Sportarten vor, die im Kanton Aargau betrieben werden, aber in der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind. Diesmal haben wir Bogenschützin Jacqueline Künzle getroffen.
«Wenn du als Bogenschütze erfolgreich sein willst, dann musst du alles um dich herum komplett ausblenden können. Wenn du schiesst, gibt es nur den Bogen und dich. Alles andere ist egal», beschreibt Jacqueline Künzle ihren Sport. Sie muss es wissen, denn sie ist seit mehr als 30 Jahren aktive Bogenschützin und seit 25 Jahren Mitglied beim BSC Spreitenbach. Der Verein in Spreitenbach ist einer von insgesamt 13 Bogenschiessvereinen im Aargau (siehe Liste am Ende des Artikels). 75 bis 80 Prozent des Erfolgs eines Bogenschützen macht die mentale Stärke und die innere Ruhe aus. Davon ist Jacqueline Künzle überzeugt. Der Rest ist Material und Technik.
Hightech-Gerät aus Carbon
Und wer sich diese beiden Elemente des Bogenschiesssports von Jacqueline Künzle erklären lässt, der erkennt schnell: Hinter dieser vermeintlich einfachen Sportart mit Pfeil und Bogen steckt viel mehr. Beginnen wir beim Material. Jacqueline Künzle schiesst mit einem sogenannten Compound-Bogen. Im Vergleich zu den traditionellen Langbögen, die auch heute noch aus Holz sind, ist ihr Bogen ein absolutes Hightech-Gerät aus Carbon. Auch bei den Pfeilen gibt es ganz unterschiedliche Modelle, die je nach Bogenart und Bogenstärke gewählt werden. Geschossen wird mit Handschuhen oder sogenannten Tabs. Teilweise kommen auch Armschützen zum Einsatz.
Bilder: Fabio Baranzini
Um den Bogen korrekt zu benutzen, braucht es viel Übung. Das wird einem spätestens dann bewusst, wenn man erfährt, dass der Bogen zwischen drei und fünf Kilogramm wiegt. Und um den Bogen zu spannen, muss ein Gewicht von rund 25 Kilogramm gezogen werden. Erst dann ist eine saubere Schussabgabe möglich. Die Kraft ist also auch ein wichtiges Element im Bogenschiessen. Insbesondere in Kombination mit einem sicheren und ruhigen Stand. Schliesslich ist das Ziel, das die Bogenschützen avisieren, nur wenige Zentimeter gross. Da darf der Arm nicht zittern bei der Schussabgabe.
In Asien weit verbreitet
Bogenschiessen ist eine Sportart, die insbesondere in Asien sehr beliebt ist. In den angesehenen Bogenschiess-Schulen trainieren die Athleten jeden Tag viele Stunden. Bis zu 1000 Schüsse geben sie pro Tag ab. Zum Vergleich: So viele Pfeile schickte Jacqueline Künzle zu ihren besten Zeiten pro Woche auf den Weg. Damals trainierte sie drei bis vier Mal pro Woche während zwei bis drei Stunden. So brachte sie es an die nationale Spitze. Viele Jahre gehörte sie zu den Top 5 des Landes und konnte unter anderem auch zwei Schweizer Meistertitel feiern. Heute schiesst sie nicht mehr ganz so häufig, aber immer noch regelmässig.
«Wenn du als Bogenschütze erfolgreich sein willst, dann musst du alles um dich herum komplett ausblenden können. Wenn du schiesst, gibt es nur den Bogen und dich. Alles andere ist egal.»
Die Spezialdisziplin von Jacqueline Künzle ist das 3D-Bogenschiessen. Im Gegensatz zum klassischen Hallenbogenschiessen, bei dem die Schützen in einer Reihe nebeneinander stehen und auf eine Zielscheibe in fixer Entfernung schiessen, ist das 3D-Schiessen abwechslungsreicher. «Wir sind im Wald unterwegs und müssen insgesamt 28 Posten absolvieren. Die Distanz variiert dabei zwischen 5 und 54 Metern. Auch die Ziele sind unterschiedlich. Mal sind es Zielscheiben (Field), mal sind es Plastiktiere (3D)», erklärt Jacqueline Künzle.
Auch nach über 30 Jahren ist sie noch immer fasziniert vom Bogenschiesen. Vor allem von der Ruhe. «Bogenschiessen ist einerseits akustisch ein sehr ruhiger Sport und andererseits gibt er mir auch sehr viel Ruhe», sagt sie. «Zudem hat Bogenschiessen auch eine gewisse Anmut in der Bewegung und in der Haltung. Kommt hinzu, dass auch das Gesellige nicht zu kurz kommt. Das ist für mich auch ein sehr wichtiger Aspekt.»
Das sind die Aargauer Bogenschiessvereine:
Bild: Fabio Baranzini
Hinweis
Weitere spannende Beiträge aus unserer Rubrik «Über den Tellerrand», in der wir unbekannte Sportarten vorstellen, die im Kanton Aargau ausgeübt werden, findest du hier.