Über den Tellerrand
Futsal – viel mehr als einfach «nur» Hallenfussball

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In unserer Serie «Über den Tellerrand» stellen wir euch Sportarten vor, die im Kanton Aargau betrieben werden, aber in der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind. Diesmal schauen wir uns die Sportart Futsal genauer an und haben uns dafür mit Alessandro Facchinetti unterhalten.
Was ist Futsal? Die einfache Antwort auf diese Frage: Futsal ist Hallenfussball. Aber diese einfache Antwort greift viel zu kurz. Futsal ist viel mehr als einfach nur Hallenfussball. Das wird schnell klar, wenn man mit Alessandro Facchinetti spricht. Facchinetti ist quasi der Mr. Futsal im Aargau. Und das längst nicht nur deshalb, weil er beim Aargauer Fussballverband die Rolle als Futsal Verantwortlicher innehat. Facchinetti spielte mehr als 15 Jahre selbst aktiv Futsal, gehörte zum Schweizer Nationalteam, holte mit dem Aargauer Verein Futsal Maniacs, bei dem er Gründungsmitglied und aktueller Präsident ist, den Schweizer Meistertitel und traf mehr als 200 Mal in der höchsten Schweizer Spielklasse. Seine Futsal-Expertise ist also unbestritten und genau deshalb ist er der richtige Mann, um uns diese Sportart näherzubringen.
«Wer eine gute Fussball-Grundtechnik hat und ein gutes Spielverständnis profitiert auch im Futsal davon.»
Handballfeld als Spielfeld
Darum geben wir doch die Frage an Alessandro weiter: Was ist Futsal? «Futsal ist Fussball in der Halle mit etwas spezielleren Regeln und einem etwas spezielleren Ball, wodurch das Spiel sehr viel schneller wird als Fussball», erklärt er. Um genauer zu verstehen, was Alessandro damit meint, werfen wir zuerst einen Blick auf die etwas anderen Regeln im Futsalsport. Futsal wird auf dem Handballfeld gespielt, der sechs Meterkreis gilt als Strafraum und die Tore sind identisch mit den Handballtoren. Gespielt wird fünf gegen fünf, wobei jeweils vier Feldspieler und ein Torhüter auf dem Platz stehen. Ein Futsalspiel dauert zwei Mal zwanzig Minuten, wobei die effektive Spielzeit gestoppt wird. Also jedes Mal, wenn es zu einem Unterbruch kommt, wird die Matchuhr angehalten. Genau wie im Fussball gibt es Eckbälle, Freistösse, Penaltys und Einwürfe, wobei letztere im Futsal mit dem Fuss ausgeführt werden.

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Vier-Sekunden-Regel, Foulkontingent und kein Offside
Soweit so gut und soweit so ähnlich wie Fussball. Kommen wir zu den drei wichtigsten Unterschieden zum Fussball. Die wohl wichtigste Regeln im Futsal ist die «Vier-Sekunden-Regel». «Sobald der Ball gesetzt wird, hat man genau vier Sekunden Zeit, um das Spiel aufzunehmen. Das gilt bei Freistössen, Eckbällen, Abstössen, Einwürfen und Anspielen», erklärt Alessandro Facchinetti. «Diese Regel macht Futsal zu einem sehr schnellen und attraktiven Sport, bei dem man jede Sekunde des Spiels voll konzentriert sein muss.» Der zweite grosse Unterschied zum Fussball betrifft die Fouls. Pro Halbzeit hat jedes Team ein Kontingent von fünf Fouls, die im Rahmen der Toleranz liegen. Ab dem sechsten Foul – egal wo auf dem Spielfeld dieses Foul passiert – bekommt das gefoulte Team einen 10m-Penalty zugesprochen. «Das ist jeweils eine gute Torchance, aber aus zehn Metern Entfernung auf ein Handballtor zu schiessen, gibt längst nicht jedes Mal einen Treffer», sagt Facchinetti. Die regulären Penaltys im Futsal werden aus einer Distanz von sechs Metern geschossen. Der dritte grosse Unterschied zum normalen Fussball: Im Futsal gibt es kein Offside.
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Schnelligkeit, Explosivität und schnelles Denken
So viel zu den Regeln. Damit müssen wir, um Alessandro Facchinettis Antwort auf die Frage «Was ist Futsal» zu verstehen, nur noch klären, was es mit dem «spezielleren Ball» auf sich hat. «Der Spielball im Futsal ist kleiner als ein normaler Fussball und er ist sprungreduziert. Das heisst, wenn man ihn fallen lässt, springt er nicht so hoch ab. Dadurch lässt sich der Ball einfacher kontrollieren und es kommt im Futsal zu sehr vielen einstudierten Spielzügen, sowie Eckball- und Freistossvarianten», erklärt Alessandro Facchinetti.
Aufgrund der doch beträchtlichen Unterschiede zum Fussball, stellt sich natürlich die Frage: Ist ein guter Rasenfussballer automatisch auch ein guter Futsalspieler? «Man muss sich ein wenig an die Futsalregeln gewöhnen – vor allem die Vier-Sekunden-Regel. Nach einer vergebenen Chance bleibt keine Zeit, um sich zu ärgern und auf dem Boden zu liegen. Es geht sofort weiter. Aber klar: Wer eine gute Fussball-Grundtechnik hat und ein gutes Spielverständnis profitiert auch im Futsal davon», sagt Alessandro Facchinetti, der Schnelligkeit, Explosivität und schnelles Denken als wichtigste Eigenschaften für den Futsalsport definiert.

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Pionierrolle des Aargaus
Und weil diese Eigenschaften grundsätzlich auch im normalen Fussball ein grosses «Plus» sind, ist man beim Aargauer Fussballverband fest davon überzeugt, dass Futsal für die Juniorinnen und Junioren eine optimale Ergänzung ist. Seit 2017 gibt es daher eine eigene Aargauer Juniorenliga – die «AFV Futsal Junior-League» – womit der Aargau zu den Pionieren in der Schweiz gehört. In der Saison 24/25 haben 16 C-Junioren und 18 D-Junioren Teams an der Meisterschaft teilgenommen. Es gibt also knapp 350 Juniorinnen und Junioren im Aargau, die Futsal spielen. Bei den Aktiven sind 151 Aargauer und 85 Aargauerinnen lizenziert. Insgesamt gibt es sechs Futsalvereine im Aargau, wobei die Futsal Maniacs bei den Männern, sowie The Blues FC Limmattal und Jester 04 Baden bei den Frauen in der höchsten Spielklasse auflaufen. «Futsal ist in der Schweiz und auch im Aargau sehr stark am Wachsen. Dies weil man mittlerweile flächendeckend gemerkt hat, dass Futsal eine optimale Ergänzung zum normalen Fussball ist – gerade in den Wintermonaten», sagt Alessandro Facchinetti.
Trotz des Booms im Futsalsport in der Schweiz sucht man die Schweiz bei den Männern und Frauen auf internationalem Parkett vergebens in den vorderen Regionen der Weltrangliste. In der FIFA Weltrangliste klassieren sich die Männer auf Rang 119 von 139 klassierten Teams. Die Frauen sucht man sogar vergebens. Sie gehören nicht zu den 73 Equipen, die rangiert sind. «Wir hinken bei den Männern und den Frauen noch ziemlich weit hinterher im internationalen Vergleich», hält denn auch Alessandro Facchinetti fest. Seiner Leidenschaft für den Futsalsport tut dies jedoch keinen Abbruch.
Videobeitrag über Futsal im Aargau
Das sind die Aargauer Futsal Vereine
Hinweis
Weitere spannende Beiträge aus unserer Rubrik «Über den Tellerrand», in der wir unbekannte Sportarten vorstellen, die im Kanton Aargau ausgeübt werden, findest du hier.