Mein Weg nach Paris
«Ich bin mega froh, dass der Selektionsentscheid bald fällt»
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In unserer neuen Serie «Mein Weg nach Paris» erzählen wir die Geschichte von Aargauer Sportlerinnen und Sportlern, die sich für die Olympischen Spiele in Paris qualifizieren wollen. Eine von ihnen ist Bahnradfahrerin Aline Seitz aus Buchs, die im Madison und Omnium für die Schweiz einen Quotenplatz herausgefahren hat und nun darauf hofft, auch wirklich für die Spiele in Paris selektioniert zu werden.
«Am letzten Wochenende fand in Kanada das letzte Rennen statt, das für die Qualifikationskampagne für die Olympischen Spiele in Paris gewertet wurde. Wir hatten eine gute Ausgangslage, denn in der Disziplin Madison standen wir vor dem Rennen auf einem Quotenplatz für die Olympischen Spiele. Ganz im Trockenen war der Quotenplatz aber noch nicht. Unser Ziel war es, Belgien und Hongkong hinter uns zu lassen, damit wir sicher einen Startplatz für Paris haben.
Als wir ins Ziel kamen, wussten wir, dass wir Belgien und Hongkong geschlagen haben. Aber das definitive Ranking, das für die Quotenplätze gilt, erschien erst am Dienstag. Wir hatten das finale Ergebnis also erst drei Tage später schwarz auf weiss. Darum fühlte ich mich nach der Zieldurchfahrt des letzten Rennens anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Ich dachte, dass wir jubeln werden und die gesamte Anspannung auf einen Schlag abfällt. Aber das war nicht so. Ich habe mich schon gefreut, aber irgendwie hatte ich immer noch im Hinterkopf, dass doch noch etwas schiefgehen könnte. Es war auch etwas surreal, dass die lange Qualifikationsphase jetzt plötzlich einfach zu Ende ist.
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Zwei Jahre lang haben wir alles nur auf die Olympischen Spiele in Paris ausgerichtet. Sechs Weltcuprennen, zwei Europameisterschaften und eine Weltmeisterschaft fliessen in die Wertung ein. Das sind also nur neun Rennen in zwei Jahren – entsprechend ist der Druck bei jedem Rennen sehr hoch. Ein schlechtes Rennen kannst du dir eigentlich nicht leisten. Du musst bei jedem Start in Topform sein. Kommt hinzu, dass man sich auch in den Trainings jeden Tag von seiner besten Seite präsentieren will, denn letztlich entscheiden die Nationaltrainer, wer in den Qualifikationsrennen an den Start geht und wer dann letztlich auch in Paris starten wird, wenn wir den Quotenplatz holen.
«Ich glaube, dass meine Chancen nicht schlecht stehen, denn ich habe zuletzt gute Resultate herausgefahren.»
Zu Beginn der Qualifikationskampagne waren wir rund sieben Fahrerinnen, die sich Hoffnungen machten, um in Paris einen der zwei Plätze im Madison-Team zu ergattern. Je länger die Qualifikationsphase dauerte, desto weniger sind es geworden. Jetzt sind wir noch zu dritt. Neben mir sind das Michelle Andres (Anm. d. Red. ebenfalls eine Aargauerin) und Jasmin Liechti. Die Nationaltrainer müssen nun entscheiden, welche zwei in Paris fahren dürfen. Dieser Entscheid fällt am 2. Mai. Ich glaube, dass meine Chancen nicht schlecht stehen, denn ich habe zuletzt gute Resultate herausgefahren und blicke daher der Selektion positiv entgegen. Ich bin jedoch mega froh, dass der Selektionsentscheid schon bald fällt. Denn jetzt kämpfe ich ja quasi nur noch gegen meine eigenen Teamkolleginnen. Das ist überhaupt nicht schön und etwas vom schwierigsten, das es gibt. Wir geben im Rennen immer gemeinsam alles, um möglichst schnell zu sein und sind auch sehr stark aufeinander angewiesen. Trotzdem sind wird gleichzeitig auch Konkurrentinnen – das ist eine sehr schwierige Situation.
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Mir hat es geholfen, dass ich die gesamte Selektionskampagne für Tokio schon gefahren bin. Es war zwar eine extrem bittere Pille, die wir damals schlucken mussten, denn wir verpassten die Qualifikation im allerletzten Rennen. Das war brutal. Aber ich habe dort gelernt, dass ich diesmal unbedingt Rennen für Rennen nehmen muss und nicht immer ans Endziel Olympische Spiele denken darf – auch wenn das natürlich nicht einfach ist. Geholfen hat uns diesmal, dass wir schon früh in der Kampagne gute Resultate herausgefahren haben und daher immer auf einem Quotenplatz waren. Das hat uns etwas Luft gegeben.
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Dass wir es jetzt geschafft haben, einen Startplatz für die Olympischen Spiele zu holen, hat eine mega grosse Bedeutung. Es war aus sportlicher Sicht überhaupt nicht selbstverständlich, dass uns das gelingt, denn die Konkurrenz war gross. Und es ist das erste Mal seit 2008, dass die Schweizer Frauen im Bahnradsport an den Olympischen Spielen am Start sind. Karin Thürig war die letzte Schweizerin, die auf der Bahn an Olympia startete. Damals fuhr ich erst seit zwei Jahren Velo und hatte noch keinen Plan vom Bahnradsport. Ich habe also eigentlich meine gesamte Bahnkarriere ohne Schweizer Vorbilder bestritten. Dass wir es trotzdem geschafft haben, aus dem Nichts ein Schweizer Frauen Bahnteam aufzubauen und jetzt in Paris an den Olympischen Spielen dabei sind, ist eigentlich fast die grösste Leistung, die wir erbringen konnten. Ich hoffe sehr, dass wir damit den Grundstein gelegt haben, dass an den kommenden Spielen immer ein Schweizer Frauenteam auf der Bahn dabei sein wird.»
Hinweis
Mehr spannende Einblicke von Aargauer Sportlerinnen und Sportlern, die an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen wollen, findest du in unserer Serie «Mein Weg nach Paris».