Im Fokus
«Ich dachte zuerst: Sicher nicht – warum Bob?»
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In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir Sportlerinnen und Sportler aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt haben. Diesmal ist es Bobpilotin Melanie Hasler aus Berikon, die im Weltcup und an der Junioren-WM aufs Podest gefahren ist.
Update
Nach der Publikation dieses Artikels hat Melanie Hasler mit weiteren Erfolgen geglänzt. In ihrer vierten Saison als Bobfahrerin hat sie sich definitiv an der Weltspitze etabliert. Dank ihren starken Resultaten im Weltcup hat sie sich sowohl im Monobob als auch im Zweierbob für die Olympischen Spiele in Peking qualifiziert. Dort hat sie im Monobob ihr Potenzial einmal mehr voll ausspielen können und mit einer starken Leistung überzeugt. Am Ende resultierte der siebte Rang. Damit sichert sich Melanie Hasler bei ihrer Olympiapremiere ein Diplom. Auch im Zweierbob, wo Melanie Hasler mit Nadja Pasternack angetreten ist, vermochte die junge Aargauerin zu überzeugen. Im zweiten Rennen holte sie das zweite Diplom – diesmal war es sogar der sechste Rang.
Es ist erst die dritte Saison, in der die 22-jährige Melanie Hasler ihren Schlitten durch die Eiskanäle dieser Welt steuert. Das Ziel für die laufende Saison war ursprünglich, im Europacup – der zweithöchsten Wettkampf-Stufe – regelmässig in die Top 5 zu fahren und weitere Erfahrungen im Weltcup zu sammeln. Vor dieser Saison hatte Melanie Hasler nämlich erst einen einzigen Start im Weltcup zu verzeichnen.
«Verrückt» gute Saison
Drei Monate später sieht die Situation komplett anders aus. Melanie Hasler hat mit ihren Anschieberinnen alle überrascht. Schon in der Saisonvorbereitung hat sich «Team Hasler» mit starken Leistungen für einen fixen Startplatz im Weltcup aufgedrängt und diesen gleich im ersten Rennen mit Rang 4 in Lettland bestätigt. Dieses Ergebnis konnten sie in den letzten Wochen gleich noch überbieten.
In St.Moritz holte Melanie Hasler mit Rang drei den ersten Weltcup-Podestplatz einer Schweizerin seit sieben Jahren und liess wenige Tage später mit Rang drei an der Junioren-WM gleich das nächste Highlight folgen. «Es ist absolut verrückt. Wir hätten niemals damit gerechnet, dass wir so gute Resultate erzielen werden in dieser Saison», freut sich Melanie Hasler.
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Vom Volleyball in den Eiskanal
Die Ergebnisse der Aargauer Bobpilotin sind umso erstaunlich, wenn man sich ihren Werdegang genauer ansieht. Bis vor vier Jahren zählte Melanie Hasler nämlich zu den hoffnungsvollsten Nachwuchstalenten im Volleyball. Sie spielte in der Nationalliga B bei Steinhausen, gehörte dem Jugendnationalkader an und träumte davon, dereinst in der Nationalliga A und für die Schweizer Nationalmannschaft zu spielen. Der Bobsport war damals noch überhaupt kein Thema.
Das änderte sich mit einer Anfrage von Christoph Langen. Der Nachwuchsnationaltrainer des Schweizer Bobverbandes hat die Leistungsdaten von Melanie Hasler studiert und war insbesondere von ihrer Sprungkraft angetan. Also meldete er sich beim Coach von Melanie Hasler und lud die junge Aargauerin zum Bobtraining ein. «Als mir mein Trainer davon erzählt hat, dachte ich zuerst: Sicher nicht – warum Bob?», erinnert sich Melanie Hasler lachend. «Ich kannte niemanden der Bobsport betreibt und hatte auch sonst keinen Bezug dazu.»
«Ich führe also quasi ein kleines Unternehmen. Das kann phasenweise schon ziemlich stressig werden.»
Unterstützung von allen Seiten
Da Melanie Hasler in dieser Phase allerdings ohnehin mit Motivationsproblemen für die täglichen Volleyballtrainings zu kämpfen hatte, liess sie sich auf das Experiment ein. Es folgten Gespräche mit Christoph Langen, erste Trainings auf der Anschiebebahn in Andermatt und die ersten Läufe im Eiskanal. Der Funke sprang langsam über. Spätestens, als Melanie Hasler dann die Prüfung zur Bobpilotin erfolgreich absolviert hatte, wusste sie: «Ich kann mir eine Karriere als Bobfahrerin vorstellen.»
Doch wie teilt man dem Volleyball Nationaltrainer, der Sportschule und dem Lehrbetrieb, wo man das Sport-KV absolvierte, mit, dass man mit 18 Jahren die Sportart wechselt? «Das war wirklich nicht ganz einfach. Wir haben uns dann aber alle an einen Tisch gesetzt und zum Glück haben mich alle unterstützt. Genauso wie meine Familie und meine Freunde.»
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Grosser Aufwand im Sommer und Winter
Längst hat sich dieser Wechsel bezahlt gemacht. Melanie Hasler ist auf bestem Weg, sich an der Weltspitze zu etablieren und hat auch ihr Ziel erreicht, das sie sich bereits als Volleyballerin gesteckt hatte: An internationalen Wettkämpfen teilzunehmen. Für ihren Erfolg arbeitet Melanie Hasler hart. In den Wintermonaten nimmt sie jeweils fünf Monate unbezahlten Urlaub bei ihrem Arbeitgeber, um sich voll und ganz auf den Bobsport zu konzentrieren. Ihre Tage sind dann ausgefüllt mir Athletiktrainings, Fahrten im Eiskanal, die immer auch mit einer Besichtigung einher gehen, und der Präparation des Schlittens. «In diesen fünf Monaten sind wir praktisch immer unterwegs und nur wenige Tage Zuhause. Trotzdem ist es für mich die schönste Zeit des Jahres, weil ich mich voll und ganz auf den Bobsport konzentrieren kann», sagt Hasler.
Anders sieht das im Sommer aus. Dann arbeitet Melanie Hasler in einem 40 Prozent Pensum, trainiert sechs Mal pro Woche und kümmert sich daneben auch noch um die Organisation ihres Bobteams. «Sponsorensuche, Administration, Webseite, Social Media, Flyer – um all das kümmere ich mich. Ich führe also quasi ein kleines Unternehmen. Das kann phasenweise schon ziemlich stressig werden», sagt Hasler. Umso wichtiger war die Medaille an der Junioren-WM. Denn dank diesem Erfolg erhält sie eine grössere finanzielle Unterstützung von Swiss Olympic. «Diese finanzielle Sicherheit hilft mir natürlich enorm», freut sich Melanie Hasler, die aktuell bereits in Altenburg (De) weilt, wo nächste Woche die Weltmeisterschaft auf dem Programm steht.
Hinweis
In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir einmal im Monat einen Sportler oder eine Sportlerin aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt hat. Alle bisherigen Portraits findest du hier.