Über den Tellerrand

Lacrosse wird olympisch – aber wie funktioniert die Sportart eigentlich?

von Fabio Baranzini – 27. Mai 2025

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In unserer Serie «Über den Tellerrand» stellen wir euch Sportarten vor, die im Kanton Aargau betrieben werden, aber in der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind. Diesmal widmen wir unser der amerikanisch geprägten Sportart Lacrosse, wo die Wettingen Wilds Lacrosse bei den Frauen das Mass der Dinge in der Schweiz sind.

Wie so viele Lacrosse Spielerinnen und Lacrosse Spieler ist Stefanie Burger Quereinsteigerin. Sie hat verschiedene Mannschaftssportarten ausgeübt, ehe sie beim Lacrosse hängen geblieben ist. Mittlerweile ist sie Captain der amtierenden Schweizer Meisterinnen Wettingen Wilds, wo sie auch im Vorstand mithilft, und sie ist auch Captain der Schweizer Nationalmannschaft. Stefanie Burger ist damit also die optimale Gesprächspartnerin, um uns in die Welt des Lacrosse-Sports einzuführen. Beginnen wir also mit der Frage, die sie wohl am häufigsten beantworten muss, wenn sie erzählt, dass sie Lacrosse spielt: Was genau ist Lacrosse und wie funktioniert es?

«Ein gutes Spielverständnis ist ein grosser Vorteil, weil die taktische Komponente im Lacrosse sehr wichtig ist.»

Stefanie Burger, Lacrosse Nationalspielerin von den Wettingen Wilds

Rund 20 Tore pro Spiel

«Lacrosse ist eine Mannschaftssportart, die man draussen auf einem Fussballfeld ausübt. Man spielt auf Tore und ähnlich wie im Unihockey hat jeder Spieler und jede Spielerin einen Schläger. Aber anstatt den Ball mit der Schaufel am Boden entlang zu führen wie im Unihockey, hat man im Lacrosse am Ende des Schlägers ein Fangnetz, mit dem man den Ball fangen, transportieren und werfen kann», so die Antwort von Stefanie Burger. So weit, so gut. Aber um Lacrosse genau zu verstehen, brauchen wir noch ein paar zusätzliche Informationen.

Ein Team besteht aus zehn Spielerinnen oder Spielern – neun davon auf dem Feld, eine Person im Tor. Klassischerweise werden die neun Personen auf dem Feld aufgeteilt in drei Verteidiger, drei Mittelfeldspieler und drei Angreifer. Während des Spiels darf fliegend gewechselt werden. Gespielt wird vier Mal fünfzehn Minuten und das Ziel besteht darin, so viele Tore wie möglich zu schiessen. Im Schnitt fallen rund 20 Tore pro Spiel – es ist also einiges los während eines Lacrosse-Spiels. Das Spielfeld ist gleich gross wie ein Fussballfeld. Nicht gleich gross sind dagegen die Tore. Diese sind quadratisch mit einer Seitenlänge von 1,83 Meter – also grösser als ein Unihockey-, aber kleiner als ein Handballtor. Die Tore sind ins Spielfeld hineingesetzt, so dass man auch hinter dem Tor spielen kann.

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Taktik und Physis sind wichtig

Im Lacrosse ist Körperkontakt erlaubt und auch der Schläger darf eingesetzt werden. Es gibt allerdings klare Regeln, was erlaubt ist und was nicht. Bei den Männern ist der Körperkontakt ausgeprägter, weshalb sie einen Helm, Handschuhe und Ellenbogenschoner tragen. Auch das Fangnetz am Ende des Schlägers ist bei den Männern anders als bei den Frauen. Es ist tiefer, wodurch der Ball besser hält. Ansonsten sind die Spielregeln bei Männern und Frauen grösstenteils identisch.

Welche Fähigkeiten sind denn für das Ausüben der Sportart Lacrosse von Vorteil? Stefanie Burger antwortet wie folgt: «Ein gutes Spielverständnis ist ein grosser Vorteil, weil die taktische Komponente im Lacrosse sehr wichtig ist. Zudem muss man körperlich in einer guten Grundverfassung sein, da Lacrosse ein sehr intensiver und physischer Sport ist. Und es ist entscheidend, dass man motiviert ist, Neues zu lernen», so Burger.

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Nur ein Verein im Aargau

Letzteres hängt damit zusammen, dass Lacrosse in der Schweiz noch eine kleine Randsportart ist, die sehr stark von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern lebt. Wettingen ist einer der wenigen Vereine, der auch eine eigene Nachwuchsabteilung hat und entsprechend auch Jugendliche von Grund auf ausbilden. Der Wettinger Nachwuchs nimmt auch der Jugendmeisterschaft teil. Bei den Aktiven gibt es dagegen schweizweit nur fünf Teams bei den Frauen und acht bei den Männern, die an der Meisterschaft teilnehmen. Wettingens Frauen haben bereits neun Mal den Schweizer Meistertitel gewonnen und sind das aktuell stärkste Team der Liga. Auch die Wettinger Männer können an der Spitze mithalten, warten aber noch auf ihren ersten Meistertitel. Wer im Aargau Lacrosse spielen möchte, der muss zwingend bei den Wettingen Wilds tun, denn sie sind der einzige Aargauer Lacrosse Verein.

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Neuer Schwung dank Olympia

Das könnte sich aber vielleicht schon bald ändern. 2028 wird Lacrosse erstmals olympisch. Entsprechend gehört Lacrosse seit Beginn dieses Jahres zu Swiss Olympic und erhält Fördergelder. «Diese können wir einsetzen, um unsere Sportart in der Schweiz weiterzuentwickeln und so hoffentlich mehr Leute zum Lacrosse zu bringen», hofft Stefanie Burger. Dass die Schweizer Nationalmannschaft jedoch in Los Angeles im Lacrosse-Wettbewerb antreten darf, ist praktisch unmöglich. Denn aktuell ist vorgesehen, dass lediglich die sechs besten Teams der Männer und Frauen teilnehmen dürfen. Davon ist die Schweiz weit entfernt. Weltweit sind die USA und Kanada führend, in Europa sind es England, Irland, Schottland, Wales, Deutschland und Tschechien. Die Schweiz befindet sich im Mittelfeld Europas. An der letzten EM haben die Frauen den zwölften Rang belegt. An der WM treten sie in der Division B an. «Auch wenn wir in Los Angeles nicht dabei sein werden, hoffen wir, dass die Olympischen Spiele unserer Sportart neuen Schwung verleihen», blickt Stefanie Burger voraus.

So sieht Lacrosse auf höchstem Level aus

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Hinweis

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