Im Fokus
«Meine Eltern waren nicht so begeistert, aber ich habe meine Idee durchgeboxt»
Bild: zur Verfügung gestellt
In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir einmal im Monat einen Sportler oder eine Sportlerin aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt hat. Diesmal ist es Mountainbike-Profi Joel Roth, der in der Kategorie U23 WM-Bronze und EM-Gold gewonnen hat.
Viel mehr geht nicht. Innerhalb von nur gerade neun Tagen gewinnt der 21-jährige Kölliker Joel Roth zwei Medaillen an internationalen Grossanlässen. Zuerst wird er an der WM im österreichischen Leogang Dritter und dann holt er im Tessin zur Krönung den EM-Titel. Beides in der U23-Kategorie. «Das sind sicher meine beiden grössten Erfolge, wobei der EM-Titel für mich noch etwas mehr wert ist», freut sich Joel Roth.
Was die beiden Medaillengewinne von Joel Roth noch etwas spezieller macht, ist die Tatsache, dass er sie mit Ansage geholt hat. Bereits vor einem Jahr setzte er sich eine Medaille an der WM und der EM zum Ziel. Daraus machte er auch kurz vor den Titelkämpfen keinen Hehl. Vor der WM sprach er von einer Medaille, vor der EM gar vom Titel. Seinen Worten liess er Taten folgen. «Ich weiss um meine Fähigkeiten und habe nicht an mir gezweifelt», sagt Roth und fügt an: «Ich bin seit drei Jahren Profi, da will ich auch an der Weltspitze mithalten können. Ich kann ja nicht Profi sein und Sponsorengelder kassieren mit dem Ziel, einfach dabei zu sein.»
«Im Vergleich zu anderen Fahrern trainiere ich nur sehr wenig im Kraftraum und mache kaum andere Sportarten. Ich sitze halt am liebsten auf dem Mountainbike.»
Ausbildung als Koch abgeschlossen
Seine Mountainbike-Karriere hat Joel Roth beim RC Gränichen lanciert. Mit acht besuchte er die ersten Trainings, mit neun fuhr er sein erstes Rennen und kurz vor Ende seiner Schulzeit wusste er, dass er dereinst voll auf die Karte Sport setzen möchte. Zuerst aber absolvierte er eine Lehre als Koch. Die Idee, in einem Spitzenrestaurant die Ausbildung zu machen, verwarf er schnell wieder. «Ich habe mich an verschiedenen Orten beworben, aber in Kombination mit dem Mountainbike war eine Ausbildung in einem Restaurant nicht möglich», so Roth. Seine Ausbildung macht er dann schliesslich bei der Firma Jowa in Gränichen, wo er in der Kantine arbeitete. «Das war ideal, da ich von halb sechs morgens bis halb drei am Nachmittag arbeitete. Danach hatte ich Zeit fürs Training.»
2017 schloss Joel Roth seine Lehre als Koch ab. Für ihn war klar, dass er sich jetzt als Mountainbike-Profi versuchen will. «Meine Eltern waren nicht so begeistert, aber ich habe meine Idee durchgeboxt», erinnert er sich lachend. «Zum Glück bin ich kurz nach dem Start meiner Profikarriere Vize-Weltmeister bei den Junioren geworden. Das hat meine Eltern natürlich etwas beruhigt. Ich glaube, mittlerweile bereuen sie es nicht, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe. Sie unterstützen mich auch sehr stark, was nicht selbstverständlich ist.»
Bild: zur Verfügung gestellt
Training fast nur auf dem Bike
Für seine Erfolge investiert Joel Roth viel. In der wettkampffreien Zeit trainiert er täglich rund fünf Stunden. Praktisch immer auf dem Mountainbike, wo er zwei Einheiten pro Tag absolviert. «Im Vergleich zu anderen Fahrern trainiere ich nur sehr wenig im Kraftraum und mache kaum andere Sportarten. Ich sitze halt am liebsten auf dem Mountainbike. Solange das funktioniert, werde ich das so weiterziehen», sagt Joel Roth, der nach den Trainingsplänen von Beat Stirnemann – dem Vater der erfolgreichen Aargauer Mountainbike-Geschwister Matthias und Kathrin Stirnemann – trainiert. Zusätzlich zum Training kümmert sich Roth auch um sein Material. Vier bis fünf Stunden pro Woche verbringt er in der Werkstatt und schraubt an seinem Mountainbike. «Ich mache so viel wie möglich selber», sagt er.
Dieser Weg scheint – gemessen an den jüngsten Erfolgen – sehr gut zu funktionieren. Entsprechend setzt sich Joel Roth auch für seine Zukunft ambitionierte Ziele. Im kommenden Jahr wird er seine letzte Saison in der U23-Kategorie bestreiten und zur Elite wechseln. Dies mit einem klaren Ziel. «Ich will 2024 an der Weltspitze sein, damit ich um einen Platz an den Olympischen Spielen mitfahren kann», sagt Joel Roth.
Hinweis
In unserer Rubrik «Im Fokus» stellen wir einmal im Monat einen Sportler oder eine Sportlerin aus dem Kanton Aargau vor, die mit ihren Leistungen für Aufsehen gesorgt hat. Alle bisherigen Portraits findest du hier.