Über den Tellerrand

«Tischtennis ist eigentlich mathematisch nicht spielbar»

von Fabio Baranzini – 4. Oktober 2020

Ein Tischtennis-Mixed-Doppel in Aktion

Bild: TTC Bremgarten

In unserer Serie «Über den Tellerrand» stellen wir euch Sportarten vor, die im Kanton Aargau betrieben werden, aber in der breiten Öffentlichkeit wenig Beachtung finden. Diesmal widmen wir uns dem Tischtennis. 

Fast jeder von uns hat in der Schule oder in der Badi schon Tischtennis gespielt. Und viele von uns «Badi-Spielern» haben das Gefühl, dass wir richtig gut Tischtennis spielen können. Aber ich gehe jede Wette ein: Wenn du zehn Aufschläge von einem «richtigen» Tischtennisspieler retournieren musst, wird weit mehr als die Hälfte davon nicht mal auf der richtigen Tischhälfte landen. Ja, ich weiss wovon ich spreche. Ich habs selber versucht… 

Doch woran liegt das? Oder anders gefragt: Weshalb ist Tischtennis schwieriger, als es auf den ersten Blick aussieht? Darüber haben wir mit Markus Korner gesprochen. Er muss es wissen. Denn er spielt seit der Primarschule aktiv Tischtennis, war während zehn Jahren Präsident des aargauischen Tischtennis Verbandes und ist seit 14 Jahren Präsident des TTC Bremgarten, des grössten Tischtennisclubs im Kanton.  

«Wir müssen schon wissen, wohin der Gegner vermutlich spielen wird, wenn wir unseren Ball schlagen.»

Markus Korner, Tischtennisspieler

Reaktion ist gefragt 

Also, was ist der Grund dafür, dass wir «Badi- und Pausenplatz-Tischtenniskönige» keine Chance haben gegen einen richtigen Tischtennisspieler? «Die Rotation ist der Schlüssel», liefert Markus Korner die Antwort. «Wir Tischtennisspieler können die Bälle mit Unter-, Ober- und Seitenschnitt spielen. Diese verschiedenen Schnitte können wir beliebig miteinander kombinieren. Ich kann also beispielsweise einen Ball mit viel Ober- und wenig Seitenschnitt spielen. Oder umgekehrt. Bedingung dafür ist, dass ich die Technik beherrsche und einen Belag habe, mit einer ‘klebrigen’ Oberfläche.» 

Doch das Beherrschen der Technik ist längst nicht die einzige Herausforderung im Tischtennis. «Eigentlich ist Tischtennis mathematisch gar nicht spielbar», sagt Markus Korner. Das Problem: Die Bälle können mit einer Geschwindigkeit von bis zu 200 Kilometern pro Stunde auf die andere Seite des Tischs geschlagen werden. Der Gegner steht aber nur 2.74 Meter weit entfernt. So lang ist der Tisch. Es bleibt also weniger Zeit, um auf den Schlag des Gegners zu reagieren, als der Mensch eigentlich natürlicherweise für eine Reaktion braucht. «Das heisst also, dass wir Tischtennisspieler eigentlich schon wissen müssen, wohin der Gegner vermutlich spielen wird, wenn wir unseren Ball schlagen», sagt Korner. Es ist daher wenig überraschend, dass Markus Korner neben dem Ballgefühl das Antizipieren und die Reaktionsfähigkeit als entscheidende Qualitäten für einen guten Tischtennisspieler nennt.  

Tischtennis Junior schlägt eine Vorhand

Bild: TTC Bremgarten

Bis ans Lebensende 

Doch was macht für Markus Korner die Faszination des Tischtennissports aus? «Du kannst mit den unterschiedlichsten Techniken und Taktiken Erfolg haben – zumindest auf nationaler Ebene. Die einen stehen direkt an der Tischplatte, die anderen bewusst fünf Meter dahinter. Beides funktioniert.» Markus Korner fügt noch einen zweiten Grund für seine Tischtennis-Faszination an: «Tischtennis kann man fast bis ans Lebensende spielen. Als ich an der Senioren WM in Las Vegas teilnahm, gab es dort eine Ü80-Kategorie mit 16 Teilnehmern. Das finde ich grossartig.» 

In der Schweiz gibt es insgesamt 4678 lizenzierte Spielerinnen und Spieler. 389 davon im Aargau. Sie alle spielen in einem der insgesamt 22 Vereinen, die es in unserem Kanton gibt. Und zwar spielen sie zumeist im Team. «Tischtennis ist ein Teamsport», erklärt Markus Korner. «Jeweils zu dritt spielen wir in der Meisterschaft gegen das Team eines anderen Vereins. Und zwar spielt jeder gegen jeden. So gibt es insgesamt neun Einzelpartien. Zudem wird ein Doppel gespielt.» Die stärksten Aargauer Teams bei den Männern spielen in der Nationalliga C, der dritthöchsten Spielklasse. Es sind dies Lenzburg, Schöftland, Döttingen und Bremgarten. «Die Nationalliga C ist die höchste Liga, in der man als Hobbyspieler auflaufen kann. Fast alle, die in der NLA oder NLB spielen, sind Spieler, die ihren Lebensunterhalt mit Tischtennis – als Spieler und Trainer – verdienen.»  

Zusätzlich zu den drei nationalen Ligen gibt es im Aargau noch sechs Regionalligen (1. – 6. Liga), in der 74 Teams spielen. Diese Spielklassen sind explizit für den Breitensport gedacht. Und wer weiss, vielleicht reicht es ja für den einen oder anderen «Badi- und Pausenplatzkönig», um in der 6. Liga mitzuspielen. Wobei vermutlich auch diese Spieler die Rotation des Balls besser beherrschen. 

 

Das sind die 22 Tischtennis Vereine im Aargau

So sieht Weltklasse-Tischtennis aus

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Hinweis

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