«Trotz den Erfolgen sind sie ehrgeizig, diszipliniert und fokussiert geblieben»

«Als Physiotherapeutin des nationalen Curlingverbandes bin ich für die Betreuung des Nationalteams zuständig. In diesem Rahmen habe ich das Team Tirinzoni an mehreren Welt- und Europameisterschaften und an den Olympischen Spielen begleitet. Im Schnitt bin ich pro Jahr etwa einen Monat mit dem Team unterwegs. Dabei bin ich jeweils das ‘Mädchen für alles’ und kümmere mich neben den medizinischen Themen auch um kleine Dinge wie den Einkauf. Auf diese Weise habe ich die vier Frauen auf und neben dem Eis gut kennengelernt.

Ich bin überzeugt, dass der gegenseitige Respekt und die Wertschätzung innerhalb des Teams der entscheidende Faktor für den Erfolg des Teams ist. Die vier wissen ganz genau, wer welche Stärken hat und sie versuchen, alles so zu organisieren, dass diese Stärken optimal zur Geltung kommen. So kümmert sich Silvana beispielsweise um Flüge, Hotels und Finanzen, Carole übernimmt Social Media und Kommunikation und betreut gemeinsam mit Alina die Sponsoren. Selina wiederum ist für das Material und die Webseite zuständig. Was mich ebenfalls sehr beeindruckt hat, ist die Tatsache, dass die vier nie jemandem die Schuld geben, wenns mal nicht läuft. Es wird auf niemandem rumgehackt, sondern die Ergebnisse werden akzeptiert und man versucht sogleich, wieder alles dem gemeinsamen Ziel unterzuordnen. Das machen die vier auf eine sehr disziplinierte Art und Weise. An den Turnieren gibt es immer einen fixen Tagesablauf mit Routinen, an die sich alle halten.

Curling ist keine Sportart, bei der man sich häufig verletzt. Aber dennoch ist die Physis sehr wichtig. Jede Spielerin kommt daher während des Turniers mindestens einmal pro Tag zu mir in die Behandlung oder in die Massage, denn die Regeneration ist enorm wichtig. Da ich selbst nicht Curling spiele, kommt mir oftmals die Rolle zu, dass ich mit den Spielerinnen über Gott und die Welt spreche und ihnen so ganz bewusst versuche, etwas den Druck zu nehmen und nicht nur über das laufende Turnier zu sprechen. Bei mir müssen sie sich für keine ihrer Entscheidungen oder Aktionen auf dem Eis rechtfertigen. Bei mir gibt’s einfach eine Stunde Wellness, um alles andere auszublenden.

Ganz generell ist die Zeit für sich alleine sehr wichtig, wenn man wie die vier so viel Zeit auf engem Raum miteinander verbringt. Deshalb buchen sie an gewissen Turnieren Einzelzimmer und an anderen Doppelzimmer. Dennoch unternehmen sie auch an den Turnieren viel gemeinsam neben dem Eis. Und sie sind ein bisschen abergläubig: Wenn wir in einem Restaurant essen gehen und auf der Karte gibt es irgendein Gericht, das «Gold» im Namen trägt – beispielsweise die ‘Golden Lentil Soup’ – muss immer jemand aus dem Team dieses Gericht bestellen. Sonst wäre das ein schlechtes Omen im Kampf um die Medaillen…

Das Team Tirinzoni hat sich über die Jahre ein funktionierendes Konstrukt geschaffen, so dass es praktisch immer harmonisch zu und her geht. Ich finde es bemerkenswert, dass sie trotz all den Erfolgen nach wie vor sehr ehrgeizig und diszipliniert geblieben sind und fokussiert arbeiten. Sie ruhen sich nicht auf ihren Lorbeeren aus und man sieht, dass sie den Spass am Curlingsport nie verloren haben. Das ist für mich sehr authentisch und vor allem ist diese Kombination aus Ehrgeiz, Fokus und Spass ihr Erfolgsrezept.»