Sportinfrastruktur

Warum eine moderne Sportinfrastruktur so wichtig ist

von Fabio Baranzini – 8. März 2023

Lenzburg - Aargauer Turnzentrum - Visualisierungen

Bild: Aargauer Turnverband

In diesem Jahr werden mit dem Turnzentrum in Lenzburg und der Traglufthalle im Schwimmbad Suhr/Buchs/Gränichen zwei wichtige Sportanlagen im Aargau in Betrieb genommen, die gerade auch für den Leistungssport in diesen beiden Sportarten von grosser Bedeutung sind.  

Eine moderne Infrastruktur ist für den Sport unabdingbar – egal auf welchem Niveau. Doch vor allem grössere Sport-Infrastrukturprojekte haben oftmals einen schweren Stand. Einerseits weil die Kosten schnell sehr hoch sind und ein grosser Teil davon oft von den Vereinen oder Verbänden selbst getragen werden muss. Und andererseits, weil die Suche nach geeigneten Standorten nicht einfach ist.

«Sportanlagen von kantonaler oder nationaler Bedeutung sind für Sportvereine und -verbände, aber auch für den Kanton Aargau sehr wichtig.»

Roland Häuptli, Geschäftsführer Swisslos-Sportfonds Aargau

Dennoch ist es dem Kanton Aargau ein Anliegen, den Bau von neuen Sportanlagen und die konsequente Instandhaltung der Anlagen zu fördern. Dafür sind in den letzten fünf Jahren jährlich rund 8 Millionen Franken aus dem Swisslos-Sportfonds Aargau investiert worden. «Insbesondere Sportanlagen von kantonaler oder nationaler Bedeutung sind für Sportvereine und -verbände, aber auch für den Kanton Aargau sehr wichtig. Sie bieten eine topmoderne Infrastruktur und damit professionelle Trainings- und Wettkampfbedingungen, die für erfolgreichen Leistungssport unabdingbar sind. Zudem haben sie eine grosse Strahlkraft, die sich auch positiv auf die Bekanntheit der jeweiligen Sportarten auswirkt», sagt Roland Häuptli, Geschäftsführer des Swisslos-Sportfonds Aargau.

Roland Häuptli, Geschäftsführer Swisslos-Sportfonds Aargau

Bild: Fabio Baranzini

Anfänge in einer alten Garage

In diesem Jahr werden gleich zwei solcher Sportanlagen von kantonaler oder nationaler Bedeutung in Betrieb genommen. Einerseits das neue Traitafina Turnzentrum in Lenzburg, das im März eröffnet wird, und andererseits die Traglufthalle im Schwimmbad Suhr/Buchs/Gränichen, die im Herbst zum ersten Mal aufgebaut werden soll. Wir gehen der Frage nach, welche Auswirkungen diese Infrastrukturprojekte auf die jeweilige Sportart im Kanton Aargau haben können.

Beginnen wir mit dem Beispiel des Turnzentrums. Dafür blenden wir zurück ins Jahr 1984. Damals wurde in einer alten Garage in Wittnau (Fricktal) die erste Schnitzelgrube eingebaut. Die Kosten dafür betrugen 75’000 Franken, was den Aargauer Kunstturnverband damals an den Rand des Konkurses brachte. Doch die Investition hat sich gelohnt. «Anfang der 90er Jahre haben wir eine Kadergruppe gebildet und regelmässig in dieser Garage trainiert», erinnert sich der frühere Spitzenturner Alex Schumacher, der diese Trainings mitgeleitet hatte. «Mitte der 90er Jahre stiessen wir dann bereits an unsere Kapazitätsgrenzen, weil wir immer mehr Kaderturner hatten.»

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Startschuss zur Professionalisierung

So entstand die Idee des kantonalen Turnzentrums, das 1998 in Niederlenz eröffnet wurde. Und zwar für die Männer und für die Frauen. Kostenpunkt: 800’000 Franken. «Um diese riesige Summe zu stemmen, haben mehrere Verbände zusammengespannt. Damit haben wir eine Vorreiterrolle eingenommen», so Schumacher. Mit der Eröffnung des Turnzentrums in Niederlenz hielt auch das Profitum Einzug im Aargauer Kunstturnen. Man stellte Profitrainer ein, begann täglich zu trainieren und führte kurz danach des Regelschulmodell ein, das jungen Turnerinnen und Turnern schulische Unterstützung bietet.

«Das Turnzentrum in Niederlenz war der Startschuss für die heutigen Erfolge des Kunstturnens im Aargau. Seit 2002 stellen wir einen grossen Teil des Nationalkaders», sagt Schumacher. Aktuell sind es fünf Männer und sechs Frauen aus dem Aargau, die dem höchsten Kader im Kunstturnen angehören. Sie alle haben das Kunstturn ABC im Turnzentrum Niederlenz erlernt.

Kunstturnerin Leonie Meier im Einsatz

Bild: Schweizerischer Turnverband / Thomas Ditzler

Alles unter einem Dach

Und jetzt folgt der nächste Schritt. 25 Jahre nach der Eröffnung des ersten Turnzentrums beziehen die Kunstturnerinnen und Kunstturner in Lenzburg ihr neues Zuhause: Das Traitafina Turnzentrum Aargau, das insgesamt knapp 14 Millionen Franken gekostet hat. «Mit dem neuen Turnzentrum können sich unsere Athletinnen und Athleten noch einmal deutlich besser auf ihre sportliche Entwicklung fokussieren», sagt Jörg Sennrich, Präsident des Aargauer Turnverbandes. «Wir haben Trainingshalle, Schule, medizinische Betreuung, Trainerteam und Geschäftsstelle des Turnverbandes unter einem Dach.» Dadurch sind die Wege kurz, die Betreuung besser und die Kommunikation einfacher. Ideale Voraussetzungen also, dass die Erfolge der Aargauer Kunstturnerinnen und Kunstturner weiter anhalten können.

Sennrich bringt noch einen weiteren Aspekt mit ein, der durch den Neubau zum Tragen kommt. «Das neue Turnzentrum steht symbolisch für den Aufbruch und für eine neue Energie, die auf den gesamten Turnsport im Aargau ausstrahlen soll – nicht nur auf den Spitzensport.» Das Beispiel des neuen Turnzentrums zeigt: Es lohnt sich, gross zu denken und an die Grenzen des Machbaren zu gehen. Denn nicht zuletzt dank solchen innovativen Infrastrukturprojekten ist es möglich, in einer Sportart Grosses zu erreichen.

Dirk Thölking ist Cheftrainer und Technischer Direktor des SC Aarefisch

Bild: Fabio Baranzini

Zu wenig Wasser, zu kurze Trainings

Genau darauf setzen auch die Verantwortlichen des Schwimmclub Aarefisch. Denn bei den Aarefischen ist die ungenügende Sportinfrastruktur in den letzten Jahren zu einem echten Problem geworden – vor allem im Winter. «Im Telli-Hallenbad in Aarau stehen uns zu wenig Bahnen zur Verfügung und die Trainingszeiten sind sehr eingeschränkt, da wir abends um 19 Uhr aus dem Wasser müssen. Kurz: Wir haben zu wenig Platz und sind zu wenig lang im Wasser – das ist vor allem für unsere Leistungssportlerinnen und -sportler ein grosses Problem», sagt Cheftrainer Dirk Thölking.

Entsprechend gross ist die Vorfreude auf die neue Traglufthalle im Schwimmbad Suhr/Buchs/Gränichen, die im kommenden Herbst in Betrieb genommen werden soll. Knapp drei Millionen kostet das Projekt. Den grössten Teil bezahlen die Standortgemeinden und die Stadt Aarau. Etwas mehr als eine halbe Million steuert der Kanton aus dem Swisslos-Sportfonds Aargau bei und der Schwimmclub Aarefisch zahlt 200’000 Franken an die Traglufthalle, die über Abwärme der Kehrichtverbrennungsanlage Buchs geheizt wird.

Schwimmerin Nora Meister in Aktion an den Paralympics in Tokio

Bild: zur Verfügung gestellt

Mehr Breite im Nachwuchs möglich

Die Traglufthalle bringt für den Schwimmsport in der Region gleich mehrere Vorteile. Einerseits kann die Leistungssportgruppe ihre Trainingsumfänge deutlich steigern und auch im Winter in einem 50m-Becken trainieren. Andererseits können auch mehr Kinder und Jugendliche in den Trainingsbetrieb aufgenommen werden, was für mehr Breite im Nachwuchs sorgt. «Dank der grösseren Breite ist es durchaus möglich, dass wir auch in Zukunft wieder Schwimmerinnen und Schwimmer ausbilden können, die das Potenzial für die Teilnahme an internationalen Grossanlässen haben», sagt Thölking. «Ohne die Traglufthalle, die unseren Talenten sehr gute Trainingsbedingungen verschafft, wäre es fast unmöglich, ein solches Leistungsniveau zu erreichen.»