World Wide Aargau

«Wenn du deine Leistung im Klassenzimmer nicht bringst, spielst du am Wochenende nicht»

von Fabio Baranzini – 10. November 2021

Der Aargauer Eishockeyspieler Cédric Fiedler in Aktion

Bild: zur Verfügung gestellt

Der 20-jährige Cédric Fiedler aus Untersiggenthal ist Schweiz-Amerikanischer Doppelbürger und spielt aktuell in den USA in der besten Junioren Liga der Welt (NCAA). In unserer Serie «World Wide Aargau» erzählt uns der Schweizer U20-Nationalspieler, wie es in den USA auf und neben dem Spielfeld zu und her geht.

Cédric, du warst 17 Jahre alt, als du dich nach zwei Jahren KV-Ausbildung in der Schweiz entschieden hast, nach Amerika zu wechseln. Wie kam es dazu?
Ich bin in den USA geboren und habe ein paar Jahre mit meiner Familie dort gelebt, bevor wir in die Schweiz gekommen sind. Ich bin also amerikanischer Staatsbürger und als solcher habe ich gute Chancen, in einer amerikanischen Juniorenliga Unterschlupf zu finden, da ich das «Ausländer-Kontingent» nicht belaste. In dieser Liga zu spielen, war mein Ziel.

Ich gehe aber davon aus, dass man nicht einfach so in den USA in einer Juniorenliga spielen kann, nur weil man das gerne möchte.
Nein, das geht natürlich nicht. Mein Agent in der Schweiz hatte Kontakte zu einem Trainer in Fargo (North Dakota). Dort habe ich dann an einem sogenannten Try Out Camp teilgenommen. Da waren rund 300 Kids, die eine Woche lang gezeigt haben, was sie können. Die Top 30 durften dann für Fargo in der besten Juniorenliga Amerikas spielen. Diesen Cut habe ich geschafft. Mein Glück war zudem, dass ich in dieser Try Out Woche Andy Murray, den Trainer von Western Michigan Hockey kennen gelernt hatte. Murray hat eine Vergangenheit als Trainer in der Schweiz – unter anderem beim EV Zug, wo ich vor meinem Wechsel in die USA gespielt hatte.

«Ich spiele nicht «fancy» und mache auch nicht viele Tore, sondern spiele hart und erledige meinen Job.»

Cédric Fiedler, Eishockeyspieler

Welche Rolle spielte Murray für den weiteren Verlauf deiner Karriere?
Er hat mir angeboten, für Western Michigan Hockey zu spielen. Wir haben bereits nach einem Jahr darüber gesprochen, ob ich von Fargo ans College in Western Michigan wechsle. Wir waren uns dann aber einig, dass ich mit 18 Jahren noch zu jung bin fürs College Hockey. Denn dort kannst du bis 24 spielen. Deshalb blieb ich noch ein zweites Jahr in Fargo.  

Portraitbild des Aargauer Eishockeyspielers Cédric Fiedler

Bild: zur Verfügung gestellt

Mittlerweile spielst du aber bereits deine zweite Saison für das Team von Western Michigan. Wie hast du diese Zeit bislang erlebt?
Die Umstellung von Fargo, wo ich zwei Jahre lang nur Eishockey gespielt habe, nach Michigan ans College war gross. Ich musste mich erst wieder daran gewöhnen, zur Schule zu gehen. Und was viele unterschätzen: Die Schule hat einen enorm hohen Stellenwert. Wenn du deine Leistung im Klassenzimmer nicht bringst, dann darfst du am Wochenende nicht spielen. Da sind die Verantwortlichen sehr konsequent.

Wie sieht denn ein typischer Tag bei dir am College aus?
Am Morgen ist jeweils Training angesagt. Um 8 Uhr beginnt das erste Workout im Kraftraum. Das dauert rund eine Stunde und dann bekommen wir in der Eishalle ein Frühstück. Da kommt jeweils extra ein Koch, der das Frühstück für uns zubereitet. Danach folgt das Team-Meeting, wo wir unter anderem Videoanalysen machen und die Taktik besprechen. Dann steht das Eistraining auf dem Programm bis ca 11:30 Uhr. Am Nachmittag bin ich dann in der Schule und habe bis vier oder fünf Uhr Unterricht. Am Abend fahre ich mit dem Auto in meine Wohnung, die rund zehn Minuten vom Campus entfernt liegt. Dort wohne ich mit meiner Freundin. Nach dem Abendessen warten die Hausaugaben auf mich. Du siehst, der Tag ist ziemlich vollgepackt.

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Letzte Saison hast du als Neuling sehr viel Eiszeit bekommen. Bist du nun für die kommende Spielzeit gesetzt?
Nein nicht unbedingt. Natürlich hoffe ich wiederum auf viel Eiszeit. Dafür muss ich aber zu den besten fünf oder sechs Verteidigern des Teams gehören. Wir haben in diesem Jahr aber neun gute Verteidiger, das ist also nicht einfach. Aber ich werde genau wie letztes Jahr hart arbeiten. Damals hat es super geklappt und ich konnte viel spielen. Ich bin ein Power-Verteidiger. Ich spiele nicht «fancy» und mache auch nicht viele Tore, sondern spiele hart und erledige meinen Job.

College Sport in den USA ist bekannt dafür, dass er immer auch viele Zuschauer anlockt. Ist das im Eishockey auch so?
Ja definitiv. In North Dakota ist beispielsweise jedes Spiel ausverkauft und es sind 14’000 Leute im Stadion. So viele sind es bei uns in Michigan nicht, aber dennoch ist die Stimmung grossartig. Unsere Fans sind die «Lawson Lunatics» und die machen eine unglaubliche Stimmung. Das ist ein grosssartiges Erlebnis.

Die Fangruppe «Lawson Lunatics»

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Wie ist der Meisterschaftsbetrieb organisiert?
Wir spielen in der stärksten Conference. Geografisch geht die von Ohio bis nach Colorado. Das heisst die Distanzen zu den Partien sind gross, so dass wir zu jedem Spiel mit dem Flugzeug anreisen. Die Spiele finden immer am Wochenende statt und weil die Reise so weit ist, bestreiten wir praktisch immer gleich zwei Partien gegen denselben Gegner. Die Matches finden jeweils am Freitag und am Samstag statt. Während der Woche steht dann die Schule im Zentrum.

Wie sieht dein Plan aus für die kommenden Jahre?
Ich möchte unbedingt meinen Bachelor hier am College schaffen. Das dauert insgesamt vier Jahre und für diese Zeit habe ich auch ein Stipendium bekommen. Mein Plan ist es also, so lange für Western Michigan Hockey zu spielen. Danach ist mein Ziel, einen Profivertrag in der NHL oder der AHL zu bekommen.

Wie stehen die Chancen dafür?
Das ist nur schwer vorauszusagen. Aber vor zwei Jahren haben gleich sechs Spieler unseres Teams einen NHL-Vertrag bekommen. Vier davon haben dann auch wirklich in der NHL gespielt und zwei in der AHL. Es ist also absolut möglich, den Sprung zu schaffen. Dafür muss ich mich aber noch weiterentwickeln.

Hinweis

In unserer neuen Serie «World Wide Aargau» stellen wir Athletinnen und Athleten aus dem Kanton Aargau vor, die ihre Sportart im Ausland ausüben oder im Ausland trainieren. Schick uns eine Mail an redaktion@aargauersport.ch wenn du jemanden kennst, den wir in dieser Rubrik vorstellen könnten.