Digitalisierung im Sport
Not macht erfinderisch – drei digitale Aargauer Sportprojekte
Bild: Instagram / RG Baden
Die Massnahmen zur Eindämmung von Covid-19 hatten auch den Sport im Kanton Aargau lahmgelegt – bis neue digitale Ideen Früchte trugen. Wir zeigen drei Projekte des Aargauer Turnverbands, der RG Baden und der Sektion Sport des Kantons Aargau.
52 Vereine, 11 Kantone, 23 Videos, 761 Teilnehmende und 5852 Resultate. Das war die Turnovation 1.0 – ein vom Aargauer Turnverband auf die Beine gestelltes digitales Turnfest. Und auch der vom Verein RG Baden organisierte Friendship Cup, ein internationaler Online-Wettkampf in Rhythmischer Gymnastik geizt nicht mit Zahlen: 500 Videos, 220 teilnehmende Mädchen, 16 Stunden Live-Stream und über 4500 Zuschauer. «Go online» hiess es auch im Bereich J+S-Aus- und Weiterbildungsangebot bei der Sektion Sport: Insgesamt 50 Sportlerinnen und Sportler liessen sich trotz Lockdown und verschärften Schutzmassnahmen ausbilden.
«Wir informierten über das Online-Angebot und wurden von der Rückmeldung überwältigt. Plötzlich meldeten sich Vereine aus aller Welt.»
Aus der Not heraus
Der Beginn dieser digitalen Sportgeschichten war wenig erfreulich: Im Zuge der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Schutzmassnahmen war der Sport im Kanton Aargau einige Zeit lahmgelegt. Was nun, war eine Frage, die den Aargauer Sport umtrieb? «Aufgrund von Corona mussten wir viele J+S-Kurse absagen», so Simon Best, Leiter Bewegte Schule und Freiwilliger Schulsport bei der Sektion Sport. Da J+S-Angebote für den Breitensport systemrelevant sind und den Vereinen wichtige Subventionen ermöglichen, suchte das Bundesamt für Sport BASPO nach neuen Ausbildungswegen, und fand diese im digitalen Raum. Simon Best: «Sowohl die J+S-Coach-Ausbildung wie auch die J+S-Schulcoach-Ausbildung beinhalten keine sportpraktischen Inhalte, sondern lehren die Teilnehmenden darin, wie sie J+S-subventionierte Angebote richtig erfassen und abrechnen können. Diese Gegebenheit hat es uns ermöglicht, die Ausbildungen in virtueller Form über die Plattform Zoom durchzuführen.»
Auf die Frage, wie weiter, suchte auch Adrian Zobrist vom Turnverein Hendschiken eine Antwort. Nach den Lockerungen konnte das Vereinsleben zwar wieder aufgenommen werden, doch ohne Wettkämpfe in Aussicht fehlten die Ziele und damit die Begeisterung. Die Lösung: Ein Online-Wettkampf. Adrian Zobrist meldete sich beim Aargauer Turnverband und stiess auf offene Ohren: «Wir sehen uns als eine Art Denkfabrik, der Raum für Kreativität, Freiheit und sportliche Ideenentwicklung zur Verfügung stellt», so Jörg Sennrich, Präsident des Aargauer Turnverbandes. Gesagt, getan: «Innerhalb von nur wenigen Wochen wurde die Idee zur Realität», so Kaya Güdel, Leiterin Breitensport beim Aargauer Turnverband, die gemeinsam mit Adrian Zobrist und Dominik Dätwyler vom Zentralvorstand Breitensport beim Aargauer Turnverband das OK bildete. Mails wurden verschickt, Ideen gesammelt, Möglichkeiten besprochen, am Ende stand der Name: «TURNovation», und das Programm: Eine Plattform mit einer Video-Challenge, eine Meter-Challenge und einer Spiele-Challenge.
Mit der gleichen Problematik, mit der sich die Turner herumschlugen, war auch Krystyna Kara, Wettkampfverantwortliche bei RG Baden konfrontiert: «Zwar waren die Mädchen froh, wieder das regelmässige Training besuchen zu können, doch ohne Wettkämpfe fehlte die Motivation.» Da kam die Idee auf, sich online mit anderen Vereinen zu messen. Krystina Kara: «Wir informierten über das Online-Angebot und wurden von der Rückmeldung überwältigt. Plötzlich meldeten sich Vereine aus aller Welt, aus insgesamt 22 verschiedenen Ländern, und zeigten ihr Interesse.»
«Die gemeinsame Abschlussfeier war grandios. Turnvereine aus insgesamt 11 Kantonen wurden zugeschalten.»
Der Wettkampfgeist lebt – auch online
Der Reiz eines Sportwettkampfs macht auch die Stimmung aus: Zuschauer, die anfeuern, das direkte Sich-Messen mit anderen Athletinnen und Athleten und der Jubel nach einer gelungenen Aktion. Wurde das in den Online-Versionen nicht vermisst? «Während der mehrwöchigen Wettkampfzeit, in der die Turnvereine ihre Videos, ihre absolvierten Läufe und Meter oder ihre Spielresultate hochgeladen haben, flammte durchaus Ehrgeiz auf», so Kaya Güdel. Und: «Die gemeinsame Abschlussfeier war grandios. Turnvereine aus insgesamt 11 Kantonen wurden zugeschalten, überall herrschte ausgelassene Stimmung, man jubelte und feierte sich.»
Auch Krystyna Kara blickt positiv auf die Erfahrung zurück: «Die teilnehmenden Vereine sendeten uns im Vorfeld ihre Videoaufzeichnungen. Diese wurden dann von internationalen Wettkampfrichtern bewertet, am Wochenende vom 17. und 18. Oktober per Live-Stream ausgestrahlt und die Ergebnisse live verkündet.» Trotz digitaler Ausführung sei die Spannung hoch gewesen. «Die Mädchen fieberten mit: Wie gut war die eigene Leistung und reicht es allenfalls zu einem Podestplatz?»
Das Digitale ergänzt die reale Welt
Werden diese Angebote auch nach Corona weiter bestehen? Simon Best: «Wir haben bei den virtuellen J+S-Ausbildungen unterschiedliche Wege der Wissensvermittlungen gesucht: Frontalunterricht, in Gruppen Themen diskutieren und Fragenkataloge bearbeiten oder eine Power Point Präsentation im Selbststudium durchgehen.» Entsprechend fielen die Rückmeldungen sehr positiv aus. «In Zukunft möchten wir den Interessierten sowohl virtuelle Kurse wie auch physische Aus- und Weiterbildungsformate anbieten.»
Dass sich die digitale und reale Welt ergänzen, zieht auch Jörg Sennrich als Bilanz: «Das Erlebnis Turnfest, so wie wir es in der analogen Wirklichkeit kennen, kann nicht ersetzt werden. Doch die Schlussfeier der Turnovation hat klar gezeigt, dass das Digitale Chancen für die Entstehung eines grossen virtuellen Turnnetzwerkes bieten kann.» Ähnlich tönt es bei der Rhythmischen Sportgymnastik: «Der Aufwand war immens. Aber klar ist: Der Online-Wettkampf hat extrem viel Spass bereitet und das Interesse an einer Fortführung ist da.» Und: «Das wunderbare ist, dass wir dadurch Kontakte in alle Welt knüpfen konnten und schon zahlreiche Einladungen für einen Trainingsbesuch erhalten haben.»
Hinweis
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