Coronavirus
«Auch für Trainer, Spieler, Funktionäre und Platzwarte ist Kurzarbeit möglich»
Bild: zur Verfügung gestellt
In unserem ersten Interview mit Stefan Pfister, Experte für Sportrecht und Partner in der Kanzlei «Freiermuth Studer Rechtsanwälte» in Zofingen, haben wir über die rechtlichen Folgen von abgesagten Sportevents und abgebrochenen Meisterschaften gesprochen. Im zweiten Teil dreht sich das Gespräch um die Kurzarbeit für Mitarbeiter von Sportvereinen und die finanzielle Unterstützung von Sportorganisationen.
Stefan, aktuell ist für alle Sportvereine eine Zwangspause verhängt worden. Mindestens bis zum 19. April sind alle Vereinsaktivitäten verboten. So steht es in der COVID-19-Verordnung 2. Entsprechend finden auch keine Trainings und keine Spiele mehr statt. Dürfen Sportvereine nun für ihre Trainer, Spieler, Funktionäre und Platzwarte Kurzarbeit anmelden?
Ja, das dürfen sie. Denn Trainer, Spieler, Funktionäre und Platzwarte mit einem Anstellungsvertrag beim Verein sind Arbeitnehmer, für die man Kurzarbeit beantragen darf. Mit der neuen Coronaregelung kann darüber hinaus auch für Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverträgen – beispielsweise Spieler mit einem Einjahresvertrag – oder für temporär Angestellte Kurzarbeit beantragt werden. Grundvoraussetzung dafür sind in jedem Fall ein gültiger Arbeitsvertrag und ein Lohn, der AHV/ALV-versichert ist. Zudem muss der Arbeitsausfall direkt auf eine behördliche Massnahme – etwa ein Tätigkeitsverbot – zurückzuführen sein.
Das heisst, es dürfen auch Personen, die für ihre Tätigkeit in einem Verein mit einer Jahrespauschale entschädigt werden, für Kurzarbeit angemeldet werden, wenn diese Pauschale schriftlich festgehalten ist?
Genau. Ob die Zahlung des Salärs monatlich erfolgt oder in einem anderen Rhythmus – etwa bereits zum Jahresanfang – ist kein Ausschlusskriterium. Wesentlich ist, dass diese Pauschale AHV/ALV-versichert ist. Punkteprämien und Spesen fallen in den meisten Fällen nicht in diese Kategorie und stellen daher keinen Lohn dar.
Gibt es eine Lohnsumme, die aus deiner Sicht überschritten werden muss, damit ein Antrag auf Kurzarbeit sinnvoll ist?
Grundsätzlich kann ein Verein für jeden Mitarbeiter, der einen gültigen Arbeitsvertrag hat und dessen Lohn AHV/ALV-versichert ist, Kurzarbeit beantragen. Doch gerade bei Kleinstlöhnen stellt sich schon die Frage, ob sich der administrative Aufwand lohnt. Zudem gilt, eine Kurzarbeitsentschädigung für reine Nebentätigkeiten gibt es auch unter den Corona-Massnahmen nicht. Um die Höhe der Entschädigung für die Kurzarbeit zu berechnen, gibt es einen Online-Rechner. Nach oben beträgt der maximal versicherte Lohn 148’200 Franken pro Jahr bzw. 12’350 Franken pro Monat (Stand 2020).
«Ich empfehle, die Kurzarbeitsentschädigung für den abgelaufenen Monat sogleich zu beantragen. Spätestens nach drei Monaten läuft die Frist ab.»
Wie muss ich vorgehen, wenn ich Kurzarbeit beantragen will?
Wer Corona-bedingt die Kurzarbeit beantragen will, muss die Voranmeldung ausfüllen (Formular «COVID-19 Voranmeldung von Kurzarbeit») und von jedem Mitarbeiter die Einwilligung zur Anmeldung der Kurzarbeit einholen (Formular «Zustimmung zur Kurzarbeit» 716.325). Danach muss dieser Antrag zur Prüfung an das kantonal zuständige Amt geschickt werden. Im Kanton Aargau ist das die Amtsstelle Arbeitslosenversicherung des Kantons Aargau. Wenn der Antrag gutgeheissen wird, ist für alle Mitarbeitenden die Abrechnung für Kurzarbeit (Formular «COVID-19 Antrag und Abrechnung Kurzarbeitsentschädigung») auszufüllen. Ich empfehle, die Entschädigung für den abgelaufenen Monat sogleich zu beantragen. Spätestens nach drei Monaten läuft die Frist ab und die Kurzarbeitsentschädigung kann nicht mehr beantragt werden.
Wem wird dann die Kurzarbeitsentschädigung ausbezahlt?
Die erhält der Arbeitgeber, also der Sportverein. Der Club bezahlt ganz normal 80% des Lohnausfalls. Der Verein kann die Auszahlung der Kurzarbeitsentschädigung ab dem 1. Tag des Folgemonats bei der gewählten Arbeitslosenkasse geltend machen. Aber Achtung: Obwohl die Summe «nur» 80% des Lohns entspricht, werden die Sozialabgaben des 100%-Lohns abgezogen.
Was passiert, wenn der Clubtrainer oder der Platzwart nicht beim Sportverein angestellt ist?
Dann ist diese Person unter Umständen selbstständig erwerbend und muss sich selber um seine Entschädigung kümmern. Entweder ist er ebenfalls kurzarbeitsberechtigt oder er kann Taggeld für Selbstständige anfordern.
Wenn ein Verein Fördergelder erhält – beispielsweise von Swiss Olympic oder dem Swisslos Sportfonds –, um damit einen Trainer oder einen Funktionär zu bezahlen, darf er für diese Mitarbeiter trotzdem Kurzarbeit anmelden?
Wie in diesem Fall vorzugehen ist, ist in der aktuellen COVID-19-Verordnung Sport nicht geregelt. Aber auch so gilt: Solange der Verein die Fördergelder noch bekommt, darf er keine Kurzarbeit beantragen für diesen Mitarbeiter. Sonst würde er sich ja bereichern.
Der Bund hat in Aussicht gestellt, 100 Millionen für den Schweizer Sport zur Verfügung zu stellen. Wer bekommt etwas davon?
Für den professionellen Bereich gibt es rückzahlbare Darlehen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Und für Organisationen im Breitensport gibt es Subventionen für den Fall einer existenziellen Bedrohung wegen der Corona-Krise. Diese Beiträge müssen nicht zurückbezahlt werden. Die genauen Anforderungen und die Gesuchsformulare sind online zu finden.
Welche Sportvereine zählen denn zum Profisport?
Zu den Sportorganisationen im professionellen Bereich zählen nur Vertreter der obersten beiden Spielklassen im Fussball und im Eishockey, sowie Organisatoren von Wettkämpfen, deren Teilnehmer überwiegend Profis sind. Alle anderen Sportarten – auch der Frauenfussball und das Fraueneishockey – zählen zum Breitensport. Diese Einteilung ergibt sich nicht direkt aus der Verordnung, sondern entspricht der aktuellen Praxis des BASPO.